Informatiker aus Appen im Kreis Pinneberg führt Maschine vor, die den Senioren später helfen soll

Kummerfeld/Appen. Herta Münchow, 96, traf zum ersten Mal in ihrem Leben einen Roboter. "Ach, was bist du süß!" Die alte Dame, Bewohnerin des Altenzentrums in Kummerfeld (Kreis Pinneberg), war sichtlich entzückt, als der kleine Plastikkerl zu ihrem Sessel marschierte und winkend grüßte. Auch bei den anderen 20 Senioren, die sich im Foyer der Einrichtung versammelt hatten, um die visionäre Zukunft von Altenbetreuung hautnah zu erleben, war von Ablehnung oder gar Angst vor der Menschmaschine nichts zu spüren. Manfred Aßmann, 89 Jahre alt, scherzte mit dem hüfthohen Roboter. "Na, kleiner Kerl, erzähl mal. Kannst du mir auch ein Bier aufmachen?"

Aus dem Hintergrund beobachtete der "Vater der Roboter", der Appener Informatiker Nils Meins, 40, die Reaktionen der Senioren. "Unsere Roboter haben einen Niedlich-Effekt", sagt der Entwickler. Seine mechanischen Schützlinge mit Computergehirn können laufen, vorgegebene Sätze sprechen und mit ihren drei Plastikfingern bestimmte Objekte greifen. Der Appener gehört zum Team im Informatikbereich der Hamburger Uni, das am internationalen Forschungsprojekt KSERA (Knowledgeable Service Robots for Aging) mitarbeitet. Die multinationale Forschergruppe beschäftigt sich also übersetzt mit "Klugen Dienstleistungsrobotern für das Altwerden".

Diese Dienstleister mit Akku-Herz könnten, wie die Wissenschaftler glauben, älteren Menschen in deren eigener Wohnumgebung helfend zur Seite stehen und damit die Selbstständigkeit im Alter vergrößern helfen.

Das EU-finanzierte Projekt bindet auch Fachleute in Eindhoven, Wien, Turin und Tel Aviv ein. Bis 2013 steht KSERA ein Gesamtetat von fast vier Millionen Euro zur Verfügung. Zu den Aufgaben von Meins gehört, Programme zu schreiben, die Roboter die Gesichter von Menschen erkennen lassen. Das ist wichtig, weil die Pflegehelfer der Zukunft selbstständig erkennen sollen, wenn ihr menschliches Gegenüber Anzeichen von Unzufriedenheit zeigt. Erkennt der Roboter, dass die menschliche Silhouette vor ihm nicht mehr den Vorgaben entspricht, weil eine Person gestürzt ist, kann er Alarm geben.

Wie Nils Meins den Senioren in Kummerfeld erläuterte, sollen die Roboter, die aussehen wie eine kleine Version von C-3PO aus "Krieg der Sterne", menschliches Pflegepersonal nicht ersetzen, aber ergänzen. So könnten sie die späteren Nutzer ans regelmäßige Blutdruckmessen erinnern.

Bei allem Forscherdrang sieht der Informatiker und bekennende Roboterfan auch die Kehrseite der Medaille: "Natürlich könnten Roboter irgendwann Menschen die Arbeitsplätze wegnehmen." Für den Roboterentwickler ist die zentrale Frage, "wie viel Verantwortung wir Menschen abgeben und der Maschine übertragen wollen".

Solche ernsten Fragen stellten sich die "Testpersonen" beim Probelauf der "Naos", wie die Roboter vom Werk aus heißen, in Kummerfeld nicht. "Der ist wohl in der Gewerkschaft", merkte ein älterer Herr an, als der Roboter eine längere Pause einlegte. "Ein schönes Spielzeug", befand der 89-jährige Aßmann. Die am meisten gestellte Frage der Altenheimbewohner lautete, ob die Maschine noch mehr sprechen könne. "Das Wetter ist heute nicht so schön", verkündete der Nao mit Computerstimme dem staunenden Publikum. Entwickler Meins musste zugeben, dass er und sein Kollege Erik Stahl dem Roboter diesen Satz per Laptop-Eingabe "in den Mund gelegt" hatten. So richtig mit dem Roboter plaudern zu können, das wäre schön, meinten die Senioren.