FDP-Spitzenkandidat spricht heute in ARD-Dokumentation über die “finstere Seite der Macht“ - und rechnet mit Westerwelle ab

Kiel. Kein anderer Politiker in Schleswig-Holstein sucht und findet in diesen Wochen so das Rampenlicht wie Wolfgang Kubicki, 60. Der Kieler FDP-Fraktionschef rechnete in den Talkshows von Lanz, Illner und Jauch mit Gott und der Welt ab, kam in Nachrichtenmagazinen wie in der Boulevardpresse zu Wort. Heute Abend zeigt sich der sendungsbewusste wie streitbare Rechtsanwalt von einer anderen, einer sensiblen Seite. In der Dokumentation "Schlachtfeld Politik" (ARD, 22.45 Uhr) erzählt der Nordliberale, wie er einst an Selbstmord dachte. "Ich war in der Doku einmal nicht der dynamische Macho-Kerl und schon sehr offen", berichtet Kubicki dem Abendblatt. Der Anwalt ist einer von fünf Top-Politikern, die in der NDR-Produktion über "die finstere Seite der Macht" schildern, wie Parteifreunde sie einst abservierten. Gedreht hat Polit-Autor Stephan Lamby die Doku unter anderen mit Ex-SPD-Parteichef Kurt Beck und der früheren Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) in abgedunkelten Räumen.

Kubicki plaudert vor laufender Kamera erst aus dem politischen Nähkästchen, beschreibt dann, wie er 1993 wegen der Affäre um die Mülldeponie Schönberg überlegte, "in die Ostsee zu gehen". Den Gedanken habe er "nach zehn Minuten verworfen". Kubicki trat damals als FDP-Landesvorsitzender und Fraktionschef ab, kehrte aber zwei Jahre später in die erste Reihe zurück. In den zähen Affären-Prozessen obsiegte er 2008 endgültig.

Kubicki schauspielert auch nicht, als er wie vorher schon einige Male im Kieler Landeshaus betroffen vom Tod seines Freundes und FDP-Mitstreiters Jürgen Möllemann 2003 erzählt. Und davon, dass er bis heute darüber nachdenkt, ob er den Suizid irgendwie hätte verhindern können.

Kubicki ist der einzige Politiker in der Doku, der nicht nur Opfer ist. Bereitwillig berichtet er, dass FDP-Chef Guido Westerwelle zuletzt ein "riesengroßes Wahrnehmungsdefizit" gehabt habe und dessen Sturz notwendig gewesen sei. Vor der Kamera saß Kubicki schon 2011. Dass die Doku der Nord-FDP schadet, glaubt ihr Spitzenkandidat nicht und freut sich auf die nächsten TV-Auftritte. Maischberger und Will hätten angefragt, weil er "kein Langweiler" sei, mit seinem "hohen Unterhaltungswert" Quote mache.

"Ich kann mit fast keinem anderen Medium so viele Menschen erreichen", schwärmt Kubicki. Pro Talkrunde würden bis zu 250 000 Schleswig-Holsteiner zuschauen. Der erhoffte Erfolg ist bisher ausgeblieben. Die Nord-FDP liegt in Umfragen zur Wahl am 6. Mai weiter unter fünf Prozent.