Nördlich von Maasholm kämpfen Anwohner mit Schildern und Sprüchen für eine Sanierung der Kreisstraße. Aber ein Landwirt stellt sich quer

Kronsgaard. Diese Straße macht kreativ. Dort, wo sich im Asphalt Schlagloch an Schlagloch reiht, reiht sich am Straßenrand Schild an Schild. Kleine Blütenlese der Sprüche gefällig? "K 111 - Asphalt des Grauens" überzeugt in seiner Anlehnung an Titel aus dem Horrorfilmgenre. "Das Schwimmen in den Pfützen ist verboten" hat jede Menge Witz. "K 111 - Straße oder Zustand?" spielt ins Philosophische. Jennifer Siewertsen, 24, hat zusammen mit Freunden die Idee gehabt, diese Schilder aufzustellen. "Wir wollten einfach etwas tun", sagt die Kronsgaarderin.

Vor einem Jahr war das. Aber die Probleme mit der Kreisstraße 111, die im "Landarzt"-Revier nördlich von Maasholm verläuft, sind älter - viel älter. Und auch das entscheidende, das hochoffizielle Schild am Straßenrand ist viel älter: "Tempo 20 - Straßenschäden". Die K 111 ist vermutlich die einzige Kreisstraße im Land, auf der Fußgänger nicht wesentlich langsamer als Autofahrer sind. Und weil ein Landwirt stur ist, wird das wohl auch noch länger so bleiben.

Die nur 4,20 Meter schmale Straße ist wirklich in schlechtem Zustand. Die Ränder sind ausgefahren, wer den Schlaglöchern ausweichen will, muss einen Zickzackkurs einschlagen. 3,7 Kilometer lang geht das so, mehr als Tempo 20 ist absolut nicht drin.

Die Kreisstraße liegt in Angeln. Zwischen Gelting und Maasholm schlängelt sie sich durch Felder und Dörfer, parallel zur Ostseeküste. Jeder Tourist, der hier an den Strand will, muss über die K 111. Die Kronsgaarderin Inge Knaack fasst das Problem so zusammen: "Wir haben den schönsten Strand, aber die schlechteste Straße."

Beim Kreis Schleswig-Flensburg wird das auch so gesehen. Zwei Abschnitte der K 111 sind deshalb schon ausgebaut worden. Breitere Fahrbahn, schöner Radweg. Nur in der Mitte, zwischen Kronsgaard und Hasselberg, klafft noch ein Loch - ein Loch mit lauter Schlaglöchern. Warum?

Zwei Bürgermeister, Hans-Heinrich Franke aus Hasselberg und Hans-Walter Jens aus Kronsgaard, können dazu eine lange Geschichte erzählen. Die Wende spielt darin ein Rolle, die 1990 verhinderte, dass mit dem Ausbau der Straße begonnen wurde. Das Geld floss in die neuen Bundesländer. "Da hatten wir ja Verständnis für", sagt Hans-Walter Jens. Zehn Jahre später war die K 111 dran. Der erste Abschnitt zwischen Pommerby und Kronsgaard war 2003 fertig. Der zweite Abschnitt sollte der zwischen Kronsgaard und Hasselberg werden.

Aber weil zwischenzeitlich das südliche Ende der Straße in noch schlechterem Zustand war, wurde es vorgezogen. 2007 verkündete der damalige Landesverkehrsminister Dietrich Austermann (CDU) stolz den Baubeginn und sagte: "Der Kreisstraße 111 kommt als regionale Querverbindung im Kreis Schleswig-Flensburg eine hohe Bedeutung zu, sie wird an den aktuellen Anforderungen orientiert verkehrsgerecht ausgebaut." Als die ersten Bagger anrückten, rückten auch die Kronsgaarder mit einem Transparent an: "Endlich seid ihr da", war dort zu lesen. Doch 2008 war leider wieder Ruhe auf dem "Asphalt des Grauens". Es fehlte an Geld. Der Hasselberger Bürgermeister schrieb in seiner Not an den Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen. Ergebnis: Ende 2008 begann der Landesbetrieb Straßenbau mit der Ausbauplanung. Die geriet gleich wieder ins Stocken. Erst verlangte die Kreisnaturschutzbehörde einen umfangreichen Ausgleich für die Knicks, die der Straße weichen müssten. Und dann kam ein sturer Landwirt aus Hasselberg ins Spiel. Ihm gehören Flächen entlang der Straße. Gut einen Hektar Land müsste er verkaufen, damit die Kreisstraße 111 breiter werden kann. "Da wurde es schwierig", seufzt Bürgermeister Hans-Heinrich Franke.

Der Landwirt hatte diverse Wünsche. Er wollte sich die Flächen nicht abkaufen lassen, sondern gegen andere Grundstücke tauschen. "Land ist knapp hier oben", sagt der Kronsgaarder Bürgermeister. "Die Preise sind ganz schön gestiegen." In langen Verhandlungen mit anderen Eigentümern wurden die Flächen besorgt. Dann kamen weitere Forderungen. Ein Graben auf seinem Feld sollte verlegt, ein Knick versetzt werden. Der Kreis willigte ein, der Bauer legte nach. Plötzlich ging es nicht mehr um 94 Meter Knick, sondern um 215 Meter. Die Verhandlungen dauerten immer länger, die Straße wurde immer schlechter.

Und der Landwirt? "Einige Institutionen meinen, sie hätten das absolute Sagen", grummelt er am Telefon. Zu den Verhandlungen, die immer noch laufen, will er sich lieber nicht äußern. Nur so viel: "Zu einem Kompromiss gehört auch, dass andere einem entgegenkommen. Aber für das gesamte Ganze bewegt sich keiner, das ist leider so."

Bürgermeister Franke findet, dass sich der Landwirt fürs "gesamte Ganze" bewegen müsste. "Andere Bauern haben ja schon längst ihre Flächen an der Straße an den Kreis verkauft. Es kann nicht sein, das der Letzte mehr verlangt und bekommt als die anderen." In Hasselberg ist man auf den Bauern mittlerweile nicht mehr gut zu sprechen, bei Dorffesten wird er gemieden.

Der Kreis denkt nun darüber nach, ein Planfeststellungsverfahren einzuleiten. Es würde vermutlich zwei Jahre dauern, am Ende könnte der Landwirt dann aber enteignet werden. Er könnte allerdings auch gegen die Enteignung klagen. Bürgermeister Frank bleibt trotzdem optimistisch: "Wir sind nahe am Ziel." Und sein Kollege Jens appelliert schon mal an die Gerichte: "Die sind in der Pflicht, das schnell abzuarbeiten. Die Schmerzgrenze ist längst erreicht."

Die beiden Bürgermeister haben jetzt darum gebeten, dass die Kreisstraße 111 wenigstens notdürftig repariert wird. Am 20. März soll es dazu mal wieder einen Ortstermin mit dem Landesbetrieb Straßenbau geben. Vielleicht stellen die kreativen Kronsgaarder um Jennifer Siewertsen dann ein neues Schild auf. Textvorschlag: "K 111 - im Jahr 2020 immer noch Tempo 20?"