Wolfenbüttel. Annette Parlitz, 39, fährt beinahe täglich in das marode Atomendlager ein, im Schlepptau hat sie dann Besuchergruppen von kritischen Anwohnern bis hin zu französischen Nuklearexperten.

Studiert hat sie Germanistik, Pädagogik und Psychologie "mit dem klassisch-altehrwürdigen Magisterabschluss", zu ihren Hobbys gehört das Schreiben von Drehbüchern für Krimis eben wie ihre Leidenschaft für Fremdsprachen (inklusive Gebärdensprache). Aber jetzt übersetzt sie vor allem das Fachchinesisch der Geologen und Strahlenexperten in eine verständliche Sprache.

2007 hat sie sich bei der Asse GmbH für Öffentlichkeitsarbeit beworben, diverse Fachkurse von Strahlenschutz bis zur bergmännischen Sicherheitsunterweisung gemacht. Auf Anfrage jongliert sie unter Tage freundlich mit Strahlenwerten, energisch wird sie nur, wenn Besucher ihre Sauerstoffselbstretter nicht dabei haben oder den Helm absetzen. Und wie eine Kindergärtnerin zählt sie immer wieder die Gruppen durch, damit ihr niemand verloren geht in der Tiefe. Gleich am ersten Tag beim neuen Arbeitgeber ist sie unter Tage gewesen, der Faszination der Stollen und Schächte auf der Stelle und nachhaltig erlegen: "Ich wollte da gar nicht wieder raus."

Geboren in Celle, Schule in Hamburg, Abitur in Niebüll, als Tochter eines Soldaten ist sie rumgekommen - aber jetzt mit Mann und zwei Söhnen (9, 11) in Wetzleben sesshaft geworden, wenige Kilometer Luftlinie von der Asse entfernt. "Das Problem Asse ist entstanden, da war ich noch gar nicht geboren", sagt sie nachdenklich und sieht sich selbst als "kleines Rädchen" bei einem anspruchsvollen Projekt: "Das Problem muss ordentlich und transparent gelöst werden."