Ver.di legt Busse lahm. Wie Besucher dennoch zur Computermesse Cebit kommen

Hannover. Pech für zahlreiche Kinder und Jugendliche, die sich gestern in Hannover wegen des Streiks von Mitgliedern der Gewerkschaft Ver.di zu Fuß auf den Heimweg von der Schule machten, weil der Nahverkehr ruhte: Ausgerechnet am Mittag gab es einen Wolkenbruch mit Hagel. Aber mindestens teilweise verhagelt ist auch die Bilanz des Streiks, mit dem die Dienstleistungsgewerkschaft in Hannover ausgerechnet während der weltweit größten Computermesse Cebit im Kampf um mehr Lohn den öffentlichen Arbeitgebern ihre Macht demonstrierte wollte.

Bundesweit 30 000 Ver.di-Mitglieder sind gestern für eine Lohnerhöhung von 6,5 Prozent in den Ausstand getreten, die Hälfte davon allein in der Region Hannover. Müllabfuhr und Kitas waren betroffen, Stadtverwaltungen und Sparkassen. Aber im Großraum Hannover blieben auch alle Busse und Straßenbahnen der kommunalen Üstra in den Depots, obwohl während der Cebit zu den rund 400 000 Pendlern noch einmal täglich mindestens 50 000 Messegäste kommen.

Aber eine ungewöhnliche Allianz von Bürgern, großen Unternehmen wie TUI und AWD und Bahn AG stemmte sich mit einigem Erfolg gegen den befürchteten Imageverlust des Messeplatzes durch einen Streik ausgerechnet während des wichtigsten jährlichen Veranstaltung. Die Bahn AG verlängerte ihre S-Bahn-Züge, Oberbürgermeister Stephan Weil (SPD) bot schon vor dem Warnstreik seinen Dienstwagen für Messegäste an, und mit einem roten Punkt auf weißem Papier konnte jeder Messegast am Straßenrand den Wunsch signalisieren, zur Messe zu kommen. Und so karrten denn auch neben Taxis zahlreiche Bürger die Geschäftsleute und Computerfreaks raus nach Laatzen. Rund 10 000 Cebit-Besucher, so berichtete am Abend ein Messe-Sprecher, hätten so einigermaßen pünktlich das Messegelände erreicht. 100 000 Erkennungszeichen mit dem roten Punkt hatte die Messe drucken lassen.

Und wer mit dem eigenen Auto zur Cebit anreiste, der profitierte von dem in Hannover bewährten Konzept, die zur Weltausstellung im Jahr 2000 großzügig ausgebauten vierspurigen Zubringerstraßen mit weitgehend automatisierten Schranken und Hinweisschildern zu gigantischen Einbahnstraßen umzufunktionieren, jeweils in die gewünschte Richtung.

Sympathien für Ver.di werden trotz Wolkenbruchs viele Schüler gehabt haben: Wer eine kostenlose Schülerfahrkarte besitzt, also mehr als zwei Kilometer Schulweg hat, der galt gestern grundsätzlich als entschuldigt.

Ver.di-Sprecher Uwe Köhler verteidigte die Arbeitsniederlegungen als notwendigen Schritt, um den Druck auf die Arbeitgeber zu erhöhen: "Sicherlich ist es nicht schön, dass man es während der Cebit machen muss, das tut uns auch leid. Aber wir mussten die Zeit zwischen der ersten und zweiten Verhandlungsrunde nutzen."