Das 250 Meter lange Informationszentrum Skywalk soll fast 200.000 Besucher im Jahr an die Einfahrt zum Nord-Ostsee-Kanal locken.

Brunsbüttel. In Augenhöhe mit den Kapitänen sein - das könnten in zwei Jahren Besucher der großen Schleusenanlagen in Brunsbüttel erleben. Die Stadt am Eingang zum Nord-Ostsee-Kanal plant ein neues Infozentrum direkt am Übergang zur Elbmündung. "Skywalk" soll die auf sieben Millionen Euro kalkulierte Anlage heißen.

Ein Name mit Programm, wenn es auch nicht in den Himmel, aber fürs platte Land schon recht hoch hinaufgeht für die Schleusen-Touristen: 15 Meter über der Kaikante soll das Gebäude auf Pfeilern stehen und sich auf 250 Meter Länge unmittelbar an einem der Schleusenbecken entlangschlängeln. Man schaut dann nicht nur auf eine Schiffswand, sondern auch auf die großen Frachter, die für einige Minuten quasi gefangen im Schleusenbecken warten müssen. Eine Art Schiffszoo, wenn man so will, plant Brunsbüttel da. "Das wird unser größtes Stadtentwicklungsprojekt der vergangenen Jahre", sagt Stadtmanager Torsten Lange, der sich gute Chancen für eine Realisierung ausrechnet, wie er sagt. Über eine reine Vision ist der Projekt tatsächlich schon hinaus: Ein erster Entwurf stammt von dem Hamburger Architekturbüro Prof. Moths, das in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung GLC Glücksburg Consulting AG bereits eine Machbarkeitsstudie für den Brunsbütteler Skywalk erstellt hat. In diesem Monat noch wolle die Stadt Brunsbüttel mit der Kieler Landesregierung Gespräche über eine Förderung aufnehmen, sagt Stadtmanager Lange. Mit der zuständigen Schifffahrtsverwaltung sei das Projekt bereits eng abgestimmt worden. Läuft alles gut, so Lange, könnte 2014 die Eröffnung gefeiert werden.

Konkret sieht das Konzept vor, dass eine große Fensterreihe des Gebäuderiegels direkt an der Schleuse verläuft. Auf der Rückseite würde es dann Ausstellungen zur Geschichte des Kanals, zu Seefahrt und dem Seehandel geben. Geplant ist auch ein Simulator, mit dem Besucher selbst einen Schleusenvorgang steuern könnten. Der Betrieb in der Anlage, in der Frachter und auch Kreuzfahrtschiffe zwischen Elbe und Kanal wechseln, soll aber die eigentliche Attraktion darstellen.

Tatsächlich gibt es kaum andere Orte in Deutschland, wo Besucher großen Schiffen so nahe sein könnten. Schon jetzt kommen auf die einfache Plattform an der Schleuse von Brunsbüttel jährlich 100 000 Besucher. "Mit dem Skywalk würden die Aufmerksamkeit und das Interesse noch mal steigen", sagt Stadtmanager Lange. Weitere 96 000 Besucher könnten dem Konzept zufolge mit dem Skywalk an die Schleuse in Brunsbüttel kommen, um sich die Pforte zur meistbefahrenen künstlichen Wasserstraße der Welt anzuschauen. Bei einem durchschnittlichen Ticketpreis von vier Euro könnte Brunsbüttel so im Jahr rund 650 000 Euro einnehmen, rechnet die Studie vor.

Die Skywalk-Pläne gehören zudem zu einem Gesamtpaket, mit dem Brunsbüttel seit einigen Jahren schon sein Areal an der Schleuse aufwertet. Wassersportlern aus Hamburg, die den Kanal zur klassischen Passage zum Sommerurlaub auf der Ostsee nutzen, dürfte diese Veränderung schon seit geraumer Zeit aufgefallen sein: Neue Gastronomie am Wasser, eine Touristen-Information, ein großer Spielplatz und eine neue Promenade fallen ins Auge. Denkbar, sagt Stadtmanager Lange, wäre ein weiterer Yachthafen - noch würden der Stadt dazu aber die nötigen Wasserflächen fehlen.

In der maritimen Fachwelt macht der 1895 eröffnete Nord-Ostsee-Kanal derzeit aber nicht wegen fehlender Yachthäfen Schlagzeilen, sondern die sanierungsbedürftigen Schleusenkammern in Brunsbüttel bereiten der Branche Sorgen. Zwei kleine gibt es, die von Sportbooten und kleineren Fahrzeugen genutzt werden, sowie zwei große für Schiffe bis zu 230 Meter Länge. Während die Schleusen am anderen Ende der rund 100 Kilometer langen Wasserstraße in Kiel bereits vor 20 Jahren saniert worden waren, stammen die Großschleusen an der Elbe noch aus dem Jahr 1914. Ein Ausfall gerade dieser Schleusen wäre aber für Hamburg fatal, da bis zu 30 Prozent der Containerschiffe, die Hamburg anlaufen, Zubringerfrachter sind, die den Kanal als Passage zur Ostsee nutzen. Ein Tor der Schleuse fährt aber schon auf hölzernen Notkufen, weil die alten Schienen aus dem Betonfundament gebrochen sind. Fraglich, wie lange diese Notlösung noch hält.

Das Bundesverkehrsministerium hat allerdings jüngst die Zusage zum Bau einer lange geforderten neuen, fünften Schleusenkammer zugesagt, die zwischen den alten liegen soll. Nach ihrem Bau könnten die Anlagen aus der Kaiserzeit saniert werden.

Und just dieser geplante Neubau der Kammer 5 habe für Brunsbüttel schließlich den Ausschlag für die Skywalk-Initiative gegeben, sagt Stadtmanager Lange. Denn auch die Bauarbeiten dafür ließen sich wundervoll von dem neuen Besucherzentrum aus beobachten.