Antwort auf Kleine Anfrage des SPD-Verkehrsexperten Buschhüter. Entlastet werden soll die Strecke nach Lübeck durch die geplante S 4

Bargteheide. Seit 1975 fährt Rolf Mansfeld fast täglich mit der Bahn von Bargteheide nach Hamburg zur Arbeit. Verspätungen hat der 61-jährige Ingenieur auf der Linie R 10 schon oft erlebt. Im vergangenen Jahr habe er siebenmal mehr als 20 Minuten warten müssen. Und damit ist er nicht allein.

27 000 Pendler sind auf der Strecke zwischen Lübeck und Hamburg täglich unterwegs. Durchschnittlich erreichen die R-10-Züge nur eine Pünktlichkeit von 88,2 Prozent, der absolute Tiefpunkt war im November 2011 mit einer Pünktlichkeit von nur 76,2 Prozent. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage des SPD-Verkehrsexperten Ole Thorben Buschhüter hervor: "Die Statistik führt vor Augen, wovon die R-10-Fahrgäste fast täglich ein Lied singen können. Zugausfälle und Verspätungen sind bei der R 10 leider keine Seltenheit."

Der Zielwert in Sachen Pünktlichkeit liegt bei 95 Prozent. Doch bereits kleinste Störungen führten zu Verspätungen, die sich auch auf die nachfolgenden Abfahrtzeiten auswirkten, so Buschhüter. Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis sieht das anders: "Bezieht man auch Fernzüge mit ein, dann sind neun von zehn Zügen pünktlich." Auf dieser "hochfrequentierten Strecke" sei das ein ausgesprochen guter Wert.

Doch die Pünktlichkeitsquote liegt weit hinter dem Zielwert, den die Länder Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen im Verkehrsvertrag mit der Bahn AG für das Schienennetz Ost, das unter anderem die Strecken Kiel-Lübeck, Hamburg-Lübeck und Puttgarden-Lübeck umfasst, festgelegt haben. In dem Vertrag ist eine Pünktlichkeit von 95 Prozent vereinbart. Auch für andere Regionen gibt es solche Vereinbarungen. Erreicht die Bahn diesen Wert, so bekommt sie eine Bonuszahlung von den Ländern. Liegt sie hingegen dahinter, muss sie Strafe zahlen.

Wie hoch eine solche Strafe ausfällt, kann nicht genau beziffert werden, denn "maßgeblich zur Errechnung des Wertes ist die durchschnittliche Jahrespünktlichkeit der Regionalzüge im gesamten Netz", sagt Dennis Fiedel, Sprecher der Landesweiten Verkehrsservice Gesellschaft (LVS). Die LVS organisiert den Schienenverkehr für das Land Schleswig-Holstein und betreut insgesamt acht Verkehrsverträge im Schienenpersonennahverkehr. Die Bahn musste in den vergangenen Jahren laut Fiedel durchschnittlich Strafzahlungen im sechsstelligen Bereich entrichten. Für 2011 steht die Höhe noch nicht fest.

Von einer Verspätung spricht man, wenn der Zug fünf Minuten nach der planmäßigen Abfahrtszeit noch nicht losgefahren ist. Vor gut zwei Wochen mussten Fahrgäste der R 10 mehr als eine Stunde auf ihren Zug warten.

Entlastet werden soll die Strecke Hamburg-Lübeck durch die geplante neue Linie S 4, die zwischen Hasselbrook und Bad Oldesloe verkehrt. Der Hamburger Hauptbahnhof würde so um etwa 100 Regionalzüge entlastet, weil die neue S-Bahn diesen nicht ansteuern würde. Für Hamburg und Schleswig-Holstein hat das Projekt S 4 mittlerweile höchste Priorität. In diesen Tagen soll der Auftrag für die sogenannte Vorentwurfsplanung zum Bau der S 4 erteilt werden.