Thomas Röwekamp darf bei der Bremer Eiswette den Notarius publicus geben und kontrollieren, ob die Weser zugefroren ist

Bremen. Bei diesem Anwalt kann der Eiswettschneider um kein Gramm feilschen. Thomas Röwekamp, im bürgerlichen Leben Rechtsanwalt und CDU-Politiker, übernimmt erstmals die Rolle des Notarius publicus der Bremer Eiswette. Sein Mandat: Röwekamp überwacht am 6. Januar den ordnungsgemäßen Ablauf der Eiswettprobe am Punkendeich. Nach altem Brauch muss ein 99 Pfund schwerer Schneider mit einem glühenden Bügeleisen in der Hand die Weser trockenen Fußes überqueren. Dabei geht es um die Frage, ob der Fluss eisfrei oder zugefroren ist.

"Die ,Eiswette von 1829' ist eine honorige Institution", weiß Röwekamp, der an diesem Tag, ausstaffiert mit seinem Talar, mit dem Chefmaskenbildner des Bremer Theaters, Rabi Akil, verabredet ist. Denn der neue Notarius publicus braucht eine Perücke, um seines Amtes walten zu können. "Die steht ihm gut", urteilt Akil, während er mit einem Stielkamm die üppigen Locken in Form bringt. "Es fühlt sich ungewohnt an", sagt Röwekamp und betrachtet sich in einem großen Wandspiegel. "Das weiße Haar macht einen irgendwie älter", sagt der 45 Jahre alte Anwalt.

Seine Aufgabe wird es am Dreikönigstag sein, "die Eiswettprobe zu beaufsichtigen, das Ergebnis festzustellen und zu protokollieren". Bei dem Spektakel, das alljährlich zahlreiche Zuschauer an den Punkendeich lockt, liefert sich das Eiswettpräsidium drehbuchgemäß mit dem vorlauten Schneider, dargestellt von Laienschauspieler Burckhard Göbel, ein hitziges Wortgefecht. "Den Text habe ich schon bekommen, jetzt muss ich ihn noch auswendig lernen", sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Röwekamp, der zuletzt als Grundschüler den Hänsel im Märchen "Hänsel und Gretel" gegeben hat.

Sein rhetorisches Talent, das Eiswettpräsident Peter Braun an dem 45-Jährigen schätzt, kann Röwekamp am 21. Januar beim Eiswettfest unter Beweis stellen. Dort muss er als einer von fünf Rednern während des achtstündigen Mahls das Publikum unterhalten. Er habe schon eine Idee, wolle sie aber noch nicht verraten, betont der in Bremerhaven geborene Röwekamp und fügt hinzu: "Bremerhaven wurde 1827 von Bürgermeister Johann Smidt gegründet, ist damit also zwei Jahre älter als die Eiswette."

2003 erstmals als Gast dabei, bekam er 2005 einen Anruf vom Präsidenten, der ihn einlud, der Gemeinschaft beizutreten. "Das habe ich schon als Auszeichnung empfunden", erinnert er sich. Nachdem er als Novize das Präsidium nach einem Jahr überzeugt hatte, in "Armut und Keuschheit" gelebt zu haben, so wie es der Brauch will, wurde Röwekamp zunächst Eiswettgenosse. "Man fühlt sich geehrt, wenn man dabei ist." Das sei neben dem karitativen Aspekt das schönste Kompliment für die Eiswette. Bei dem Fest wird traditionell für die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger gesammelt. Die Wette, 1829 aus einer Laune von 18 Bremer Kaufleuten heraus entstanden, hat nur noch symbolischen Charakter. Denn die Weser ist seit mehr als 60 Jahren nicht mehr zugefroren.