Vom LCD-Fernseher bis zum Dampfbügeleisen: Sabine L. zweigte Elektrogeräte im Wert von mindestens 30 000 Euro für sich ab.

Trappenkamp/Kiel. Vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts in Kiel, bestehend aus drei Berufsrichtern und zwei Schöffen, begann jetzt unter der Leitung von Richter Andrej Gabler der Prozess gegen die ehemalige Bauamtsmitarbeiterin Sabine L.(46) aus Neumünster wegen Untreue und Bestechlichkeit.

Drei Stunden dauerte die Verlesung der insgesamt sechs Anklagen gegen die Verwaltungsangestellte wegen Veruntreuung von Geldern der Gemeinde Trappenkamp in 74 Fällen und wegen Steuerhinterziehung.

Seit 1983 war die Angeklagte bei der Gemeinde Trappenkamp angestellt, ab 1998 im Bauamt, wo sie für die Bestellung von Materialien und Vergabe von Aufträgen zuständig war, wobei sie über Gelder aus der Gemeindekasse bis zu einem Betrag von 3000 Euro verfügen durfte.

Von November 2003 an bestellte Sabine L. regelmäßig bei einer Elektrogroßfirma in Neumünster Solarlampen und andere elektrische Geräte für die Gemeinde. Ein Außendienstmitarbeiter der Elektrofirma unterbreitete der Angeklagten Angebote für sogenannte Aktionspakete, bei denen der Kunde ein Paket von Produkten bestellt und eine Zugabe erhält, z.B. einen Fernseher, wodurch die Lieferung insgesamt allerdings wesentlich teurer wird.

Über einen Zeitraum von fast drei Jahren bestellte die Angeklagte immer wieder solche Pakete und behielt die Zugaben für sich. Auf den Rechnungen wurden diese Zugaben durch Buchstaben- und Zahlenkombinationen so verschleiert, dass nicht erkennbar war, was hinter den Zeichen steckte.

Die Rechnungen prüfte Sabine L. selbst und bestätigte die Richtigkeit. Der in die Machenschaften der Angeklagten eingeweihte Bauamtsleiter bewilligte sodann die erforderlichen Geldmittel, auch er kassierte einige elektrische Geräte auf Kosten der Gemeinde, gegen ihn läuft ebenfalls ein Strafverfahren.

Vertreter der Elektrofirma war eingeweiht

Eingeweiht war auch der Vertreter der Elektrofirma, der die Rechnungen und Lieferscheine entsprechend manipulierte und sich über hohe Provisionen und Umsatzsteigerungen freute.

Im Laufe der Zeit bestellte die Angeklagte auch mehrere sogenannte Leuchtmittelpakete, die an die Gemeinde ausgeliefert wurden. Gleichzeitig wurde mitgeliefert, was sich die Angeklagte im Katalog der Elektrofirma ausgesucht hatte: Mehrere LCD-Fernseher, DVD-Recorder, Notebooks, Kameras, Receiver, auch Fernsteuerautos für ihre Kinder und Spielkonsolen.

Sabine L. wurde immer dreister und bestellte auf Gemeinderechnung für sich privat Waschmaschinen, Dampfbügeleisen, Kühlschränke und anderes. Sie ließ sich die Sachen meistens nach Hause liefern oder holte sie in Neumünster ab. Mehrmals gab sie ihrem eingeweihten Vorgesetzten Elektrogeräte ab oder bestellte mit ihm gemeinsam Sachen.

Erst nach drei Jahren flogen die Betrügereien auf

Zur Bezahlung verwendete die Angeklagte Gutschriften der Gemeinde für zurückgegebene Waren oder erhöhte Beträge von Rechnungen. Die auf Kosten der Gemeinde bestellten Elektrogeräte benutzte Sabine S. entweder in ihrem privaten Haushalt oder verkaufte sie auf Flohmärkten. Bei einer anderen Firma bestellte die Angeklagte Büromaterial wie Druckerpatronen und ein Faxgerät, ebenso kaufte sie häufig in einem Baumarkt Sachen für ihren privaten Bedarf auf Kosten der Gemeinde.

Es ist erstaunlich, wie lange die Sache gut ging: Erst im Juni 2006, nach fast drei Jahren, stellte eine Kollegin Unregelmäßigkeiten auf Rechnungen fest. Sabine L. redete sich zunächst heraus, sprach von "Schreibfehlern", aber nach und nach wurden immer mehr Unstimmigkeiten entdeckt, sodass die Angeklagte dem Druck nicht mehr standhielt und ihre Betrügereien zugab.

Die Ermittlungen gestalteten sich sehr schwierig und langwierig, denn der Weg der unterschlagenen Geräte musste jeweils bis zu den Zulieferfirmen zurückverfolgt, der Verbleib der Geräte untersucht, Rechnungen und Lieferscheine überprüft werden.

Im Keller eines Gemeindehauses stapelten sich Leuchtröhren, die Sabine L. massenhaft bestellt hatte, ohne dass ein Bedarf dafür bestand.

Die Höhe des der Gemeinde entstandenen Schadens ist schwer zu schätzen, beläuft sich aber nach Angaben des Staatsanwalts auf etwa 30 000 Euro. Eine weitere Anklage wirft Sabine L. vor, rund 3000 Euro Steuern unterschlagen zu haben, da sie ihre Einkünfte beim Finanzamt im Jahre 2005 zu niedrig angab.

Am ersten Verhandlungstag hat sich die schlanke, sympathisch wirkende Angeklagte mit blondem Pferdeschwanz mit geknickter Miene die Anklage angehört, zeitweise weint sie. Warum sie ihre feste, mit 3900 Euro brutto nicht schlecht bezahlte Stelle aufs Spiel setzte und ihr Leben ruinierte, ist unklar. In den Anklagen ist mehrmals von einer finanziell stark angespannten Lage die Rede. Sabine L. ist alleinerziehende Mutter dreier Kinder, der Vater zahlt keinen Unterhalt.

Bis jetzt hat die Angeklagte ein Teilgeständnis abgelegt, was das Unterschlagen der Elektroartikel angeht, das Verrechnen von Gutschriften der Gemeinde für eigene Zwecke bestreitet sie. Der Prozess wird am Dienstag, 23. Juni, um 9.30 Uhr im Landgericht Kiel fortgesetzt.