Mediziner soll ausländischen Patienten bei Transplantation bevorzugt haben

Göttingen. Ein leitender Arzt des Universitätsklinikums Göttingen steht unter dem Verdacht, gegen eine Geldzahlung einen ausländischen Patienten bevorzugt zu haben - bei dessen Lebertransplantation. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig bestätigte gestern auf Anfrage ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen insgesamt vier Beteiligte, inklusive Wohnungsdurchsuchungen und Beschlagnahme von Unterlagen.

Ausdrücklich nicht bestätigten wollte die Sprecherin der Behörde, Serena Stamer, dagegen die deutlich weitergehende Berichterstattung des "Göttinger Tageblatts". Die Zeitung hatte unter Berufung auf Mitarbeiter des inzwischen ausgeschiedenen Arztes von "Organhandel" berichtet und davon, dass es sich bei den gut zahlenden Ausländern mehrfach um alkoholabhängige Patienten gehandelt habe. Diese seien teilweise sogar alkoholisiert zu den Lebertransplantationen erschienen.

Die Einschätzung der für Korruption zuständigen Staatsanwaltschaft ist eine andere: Danach hat der 45-jährige Mediziner in dem Fall erstmals mit einem medizinischen Dienstleister zusammengearbeitet, der den Patienten vermittelte. Deshalb gehören der im ersten Halbjahr 2011 erfolgreich operierte Patient und zwei Mitarbeiter der Firma nun zu den Beschuldigten. Der Vorwurf lautet auf Bestechung und Bestechlichkeit. Noch ist laut Justiz völlig offen, ob tatsächlich illegal Geld geflossen ist und ob es eine Bevorzugung des Patienten gegeben habe. Dann könnten auch Bestimmungen des Transplantationsgesetzes verletzt worden sein.

Vorwürfe gegen leitende Klinikärzte hat es auch in der Vergangenheit schon gegeben - und zwar an den Universitätskliniken in Kiel und Essen. Auch da ging es immer wieder um Patienten aus dem Ausland, die häufig aus Staaten kamen, in denen die Transplantationsmedizin nicht weit entwickelt ist. Und ganz unabhängig von Transplantationen gibt es einen regelrechten Wettbewerb großer deutscher Kliniken um besonders zahlungskräftige und zuweilen auch prominente Patienten aus anderen Ländern.

Die Zuteilung von Organen erfolgt in Deutschland durch die Organisation Eurotransplant nach strikten Regeln. Dennoch haben die operierenden Ärzte durch ihre Diagnose - etwa über einen lebensbedrohlichen Zustand des jeweiligen Patienten - Einfluss auf die Entscheidung, wer ein Organ erhält. Bis zu 12 000 Patienten stehen regelmäßig auf den Wartelisten, bis zu 1000 davon sterben pro Jahr mangels Spenderorgan. Abhilfe soll nun das vor wenigen Wochen verabschiedete neue Transplantationsgesetz bringen.