Vor 80 Jahren wurden hier Raketenantriebe erforscht. Es gab sogar schon die Vision einer Fähre zu Stationen im All. Jetzt will der Ort daran erinnern

Faßberg. Tief im Wald versteckt warten seltsame Gebilde aus Beton und Stahl seit Jahrzehnten darauf, wieder genutzt zu werden. Zwischen hohen Kiefern liegt ein Erdwall mit Blitzableitern, dahinter ein Bunker mit Fenstern aus Panzerglas. Außen trotzt ein uraltes Telefon seit Jahrzehnten dem Wetter. Im Hintergrund stehen zwei wuchtige Bauten, von einem nur noch Fundament und Treppenhaus - der Rest wurde einst Opfer eines missglückten Raketenversuchs.

In Faßberg, auf halber Strecke zwischen Hannover und Hamburg, wurde Raumfahrtgeschichte geschrieben. Viele der im Forst verstreuten Versuchsstände stammen aus den 30er-Jahren - es sind die Überreste des Instituts zur Erforschung der Raketentechnik in Trauen, das heute zur Gemeinde Faßberg gehört.

"Trauen wird aus dem Dornröschenschlaf erwachen", verspricht Joachim Block vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Der Professor aus Braunschweig ist für den abgelegenen Außenposten zuständig, auf dem derzeit sechs seiner Mitarbeiter mit Versuchen zum Brand- und Schallschutz die Stellung halten. "Das war eine Wiege der Raumfahrt", sagt Block. "Der damalige Leiter Eugen Sänger gilt als Vater des Spaceshuttles." Von Trauen aus konkurrierte Sänger lange mit dem letztlich erfolgreicheren Wernher von Braun, der in Peenemünde Raketen wie die V2 entwickelte und nach dem Krieg in den Vereinigten Staaten bei der Nasa Karriere machte.

Sänger widmete sich mit seinem Team an dem abgelegenen Ort vor allem dem optimalen Antrieb. In Trauen wurde die weltweit erste Tankanlage für Flüssigsauerstoff errichtet. Zu den Projekten des Visionärs gehörte auch ein wiederverwendbares Raumflugzeug, das zu Weltraumstationen im All fliegen sollte - eine frühe Raumfähre wie das Spaceshuttle also. Zum Start einer Rakete kam es in Trauen jedoch nie, sagt Block. "Später, in den 1960er-Jahren, wurde die dritte Stufe der Europa-Rakete hier getestet."

Neue Testanlagen zur Oberstufentechnologie für Nachfolgemodelle der Ariane 5 sowie für Lageregelungstriebwerke auf Satelliten sollen hier die Forschung wieder blühen lassen, auch die Infrastruktur soll modernisiert werden - Millioneninvestitionen plant das DLR in der kleinen Gemeinde mit nur rund 7000 Einwohnern.

Mit einem Rückblick auf 80 Jahre Luft- und Raumfahrt in der Lüneburger Heide will die noch junge Gemeinde Faßberg demnächst ihren 35. Geburtstag feiern. Dazu gehört auch ein Blick hinter die Kulissen des benachbarten Fliegerhorstes. Der Veranstaltungsreigen beginnt am 23. Juni.