Der gescheiterte Hoffnungsträger ohne Mandat könnte doch noch in den Kieler Landtag einziehen. Aber erst zur Bundestagswahl 2013.

Kiel. Der gescheiterte Hoffnungsträger der Nord-CDU, Jost de Jager, bekommt möglicherweise eine zweite Chance. Nach Informationen des Abendblatts gibt es bei den Christdemokraten die Überlegung, einen Abgeordneten aus dem Kieler Landtag in den Bundestag zu schicken. De Jager (Listenplatz eins) könnte so im Herbst 2013 in den Landtag nachrücken, als Fraktionschef die Dänen-Ampel attackieren und sich bei der nächsten Landtagswahl (spätestens 2017) erneut um den Posten des Ministerpräsidenten bewerben. Klappt der Einzug in den Landtag nicht, droht de Jager das politische Aus.

Im Landeshaus verrät ein CDU-Politiker Details des Rettungsplans. Demnach könnte der Senior der schleswig-holsteinischen CDU-Bundestagsgruppe, Wolfgang Börnsen, 70, zur Wahl in gut in einem Jahr den Bundestagswahlkreis 1 (Flensburg-Schleswig) frei machen. Geborener Nachfolger Börnsens wäre der alte und neue Vorsitzende der CDU-Fraktion, Johannes Callsen, 46. Beide Politiker leben auf dem flachen Land in Angeln, Börnsen in Bönstrup (Gemeinde Grundhof), Callsen keine 20 Kilometer entfernt in Langdeel (Gemeinde Mohrkirch).

Callsen weiß um die brisante Spekulation, will aber nichts bestätigen oder dementieren. "Das sind Gerüchte", sagt er dem Abendblatt und schweigt. Klar ist, dass die Kandidaten für den nächsten Bundestag sich spätestens nach dem Sommer outen müssen. Im Spätherbst will die CDU ihre Landesliste für die Bundestagswahl beschließen - auf Vorschlag von Parteichef de Jager.

In den Schlamassel war die CDU geraten, weil sie bei der Wahl 22 der 35 Wahlkreise direkt gewann und damit kein einziger Politiker mehr über die Landesliste in den Landtag einziehen konnte. Das Fiasko kam nicht völlig überraschend. Die CDU hatte im Zuge der Wahlrechtsreform 2011 die Wahlkreise so geschnitten, dass sie möglichst viele Kandidaten durchbekommt. So siegte die SPD diesmal in nur 13 Wahlkreisen, obwohl sie landesweit fast so viele Stimmen wie die CDU bekam.

Entscheidend ist der Sitz im Landtag für de Jager, weil er dort als Oppositionsführer mit der Dänen-Ampel abrechnen könnte. Als Parteichef ohne Mandat wird es deutlich schwieriger, weiter Profil zu gewinnen und sich für die nächste Landtagswahl in Stellung zu bringen. Hinter den Kulissen wurde deshalb in der CDU seit dem Wahlabend überlegt, ob ein Abgeordneter seinen Stuhl "freiwillig" räumt. Dazu ist derzeit aber offenbar kein Parlamentarier bereit.

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Das dürfte auch daran liegen, dass die CDU keinem Abgeordneten den Abschied aus dem Landtag versüßen kann. Nach der Wahl und dem Wechsel in die Opposition hat die Union keinen Zugriff mehr auf attraktive Regierungsposten. Aufgrund der leeren Parteikasse kann zudem kein Top-Job in der Kieler Landesgeschäftsstelle ausgelobt werden. Hilfsangebote aus der Bundespartei blieben offenbar aus.

De Jager zog inzwischen wegen der schädlichen öffentlichen Debatte über möglichen Druck auf freigewählte Abgeordnete die Notbremse. Auf einem kleinen Parteitag erklärte er die Diskussion für beendet. "Für mich muss keiner zurücktreten." Zugleich kündigte er an, als Parteichef die Zügel in der Hand zu behalten, um im Fall eines Scheiterns der Dänen-Ampel bereitzustehen.

"Die CDU ist die Regierungspartei auf Stand-by", bekräftigt der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Axel Bernstein. Rückendeckung bekommt der Ex-Spitzenkandidat und Noch-Wirtschaftsminister auch von Callsen. "Jost de Jager ist in der CDU unumstritten."

Der kleine Parteitag lässt auch einen anderen Schluss zu. Viele CDU-Funktionäre dankten dem Spitzenkandidaten zwar brav für seinen Einsatz, mäkelten dann aber über Pleiten, Pech und Pannen im Wahlkampf. Zielscheibe war Landesgeschäftsführer Daniel Günther, engster Vertrauter von de Jager. Beide leben in Eckernförde, für das weiterhin Günther im Landtag sitzt.

Hinter den Kulissen wird eine Vormacht von Politikern aus dem Landesteil Schleswig beklagt. Und gerade in Holstein sind nicht alle CDU-Politiker traurig über de Jagers Zitterpartie. Ambitionen, die CDU in die nächste Wahl zu führen, werden insbesondere Ole Schröder aus Rellingen nachgesagt. Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium ist ein Jugendfreund des Ex-Spitzenkandidaten Christian von Boetticher.

Verloren hat die CDU die Wahl übrigens nur, weil sie zusammen mit der FDP auch das Auszählverfahren (Sitzverteilung) vom alten System (d'Hondt) auf ein genaueres (Lague/Schepers) umstellte. Nach d'Hondt hätte die Union anstelle der Grünen das 69. und letzte Mandat im Landtag bekommen. Für eine Dänen-Ampel hätte es keine Mehrheit gegeben - und de Jager wäre gerade noch in den Landtag gekommen.