Berlin (dpa/tmn). Sie glauben, dass Sie mit dem Kauf einer Eigentumswohnung das Recht erworben haben, über ihre vier Wände innen und außen komplett selbst zu bestimmen? Dann irren Sie sich. Andere haben mitzureden.

Umbauen, anbauen, sanieren: Wer so ein Vorhaben in oder an seinem Einfamilienhaus umsetzen möchte, muss in der Regel nur bei der zuständigen Baubehörde um Erlaubnis bitten. In einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) sind bauliche Veränderungen sehr viel schwieriger umzusetzen. Immerhin wollen auch die Miteigentümer mitreden, wenn einer der Eigentümer etwas umgestalten möchte, von dem alle betroffen sein könnten - und sei es nur optisch.

Bei einer WEG ist zwischen Gemeinschafts- und Sondereigentum zu unterscheiden. Zum Gemeinschaftseigentum gehören grundsätzlich alle Gebäude- und Grundstücksteile, die die Eigentümerinnen und Eigentümer gemeinsam nutzen und von denen jedem Eigentümer nur ein Teil gehört - etwa das Treppenhaus, das Dach, die Fassade, aber auch Kabel und Leitungen.

Das Sondereigentum gehört den Eigentümerinnen und Eigentümern ganz alleine - also die Wohnräume, die Sanitärinstallationen, die Türen im Inneren der Wohnung. Über diese Dinge in ihren eigenen vier Wänden könne jede Eigentümerin und jeder Eigentümer frei entscheiden, Änderungen nach Belieben vornehmen, sagt Michael Nack, Rechtsreferent beim Eigentümerverband Wohnen im Eigentum.

Grenzen sind fließend

Aber schon an der Wohnungseingangstür oder bei einem Schritt auf den Balkon endet diese Freiheit. Denn die Wohnungseingangstür stellt sozusagen die Grenze zwischen Wohnung und Treppenhaus, und damit auch den Übergang zwischen Gemeinschafts- und Sondereigentum, dar. Wer die Eingangstür tauschen möchte, braucht einen Beschluss der Eigentümerversammlung. Gleiches gilt für die Fenster.

Auf ihrem Balkon dürfen Eigentümerinnen und Eigentümer zwar den Bodenbelag ändern und einen Sonnenschutz installieren, der rückstandslos entfernt werden kann. Aber für das Anbringen einer fest installierten Markise braucht es dann einen Beschluss. Darauf weist Julia Wagner vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland hin. Weil eine solche Markise in der Regel an der Fassade befestigt wird, muss das Gemeinschaftseigentum dafür angebohrt werden. Eine Maßnahme, die dem Willen der Eigentümergemeinschaft entgegenstehen kann und daher genehmigungspflichtig ist.

Und selbst wenn die Gemeinschaft zustimmt und obwohl der Eigentümer die Rechnung für die Markise selbst begleicht, hat er keinen Anspruch darauf, den Sonnenschutz ganz nach den individuellen Vorstellungen zu gestalten. Auch hier kann die WEG nach Einschätzung von Juristen mitbestimmen, weil die Markise das Erscheinungsbild eines Hauses ändern kann.

Rechtsanspruch auf bauliche Veränderung

„Bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum sind niemals ohne Beschluss zulässig“, sagt Michael Nack. Das habe der Bundesgerichtshof (BGH) im vergangenen Jahr klargestellt (Az.: V ZR 140/22). Das gelte selbst dann, wenn für das Gemeinschaftseigentum ein Sondernutzungsrecht eines Eigentümers besteht und für Miteigentümer keine Beeinträchtigung besteht.

In zwei jüngeren Urteilen (Az.: V ZR 244/22 und V ZR 33/23) hat der BGH aber klargestellt, dass Eigentümerinnen und Eigentümer einer WEG in bestimmten Fällen zumindest einen Rechtsanspruch auf bestimmte bauliche Veränderungen haben - nämlich dann, wenn es um die Herstellung der Barrierefreiheit, etwa durch einen Aufzug oder eine Rampe geht.

In der Praxis bedeutet das Nack zufolge, dass Eigentümerinnen und Eigentümer den Beschluss für so eine Maßnahme zunächst einfordern müssen. Wird der Antrag abgelehnt, können Betroffene den Beschluss per Beschlussersetzungsklage gerichtlich erzwingen. Was Eigentümerinnen und Eigentümer keinesfalls tun sollten: „einfach losbauen“, sagt Nack.

Theoretisch denkbar wäre zwar, dass Eigentümerinnen und Eigentümer sich die eigenmächtige bauliche Veränderung nachträglich genehmigen lassen. Das sei aber riskant, darum sei nicht nur aus juristischer Sicht abzuraten. „Denn diese Vorgehensweise trägt Streit in die Gemeinschaft hinein“, da sich die übrigen Eigentümer dann zu Recht überfahren fühlen könnten, so Nack. Sie könnten dann unter Umständen nicht genehmigen, was bei einem vorausgehenden Beschlussantrag vielleicht gestattet worden wäre.