Verbraucherschutz

Mängeln auf der Spur

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Anette Bethune
VQC-Vorsitzender Udo Schumacher-Ritz dokumentiert  mittels eines Tablet-PCs, was ihm bei einer Begehung auffällt

VQC-Vorsitzender Udo Schumacher-Ritz dokumentiert mittels eines Tablet-PCs, was ihm bei einer Begehung auffällt

Foto: VQC und Bethune / HA

Sachverständige des Vereins zur Qualitäts-Controlle VQC bieten nicht nur Bauträgern, sondern auch Bauherren und Sanierern baubegleitende Kontrollen an. Ihrer Erfahrung nach werden die meisten Mängel aus Nachlässigkeit und Unwissenheit eingebracht

„Wissen Sie, was unser wichtigstes Werkzeug ist?“, fragt Udo Schumacher-Ritz bei einem Baustellenbesuch in Norderstedt an einem feuchtkühlen Novembertag. „Es ist der Rissbreitenmesser“, beantwortet der Vorsitzende des Vereins zur Qualitäts-Controlle am Bau (VQC) gleich selbst seine Frage. Dann wendet er sich der Wand mit den Porenbetonsteinen zu und geht mit dem Messer in die Zwischenfuge. „So kann ich sehen, ob alles korrekt mit­einander verbunden wurde.“

Es sind exakt diese Kleinigkeiten, die den Hausbau zu einem riskanten Vorhaben mit Bauschäden und teuren Nachbesserungen machen können. Dabei ist es dem erfahrenen Ingenieur wichtig, zu betonen, dass solche Mängel nicht vorsätzlich von den Handwerkern eingebracht werden, „sondern meist aus Nachlässigkeit und Unwissenheit.“ Deshalb bietet der vor exakt zehn Jahren gegründete Verein, seinen Mitgliedern – dazu zählen mittlerweile 150 Bauträger – die Teilnahme an Schulungen an. „Hier erfahren Bauleiter und Handwerker, was sie bei der Verarbeitung neuer Baumaterialien wissen müssen und wo die Schwachpunkte im Zusammenspiel der verschiedenen Gewerke – 22 sind es an der Zahl – liegen.“ Grundsätzlich gehe es darum, alles so gut zu dämmen und abzudichten, dass wärmebrückenfreies Bauen erreicht werde. „Das moderne Haus verzeiht nahezu keine Verarbeitungsfehler“, betont der Fachmann.

Andererseits gebe es auch Stellen im Haus, wo bewusst Undichtigkeiten hergestellt werden müssten, ergänzt sein Stellvertreter Jan Helge Schröder. Dabei zeigt der Ingenieur auf einen eingebrachten Schlitz in der Folie ganz oben in der Spitze des Dachstuhls. „Dieser Schlitz wirkt wie ein Kaminzug. Er garantiert, dass feuchte Luft entweichen kann und nicht zur Schimmelbildung im Dachstuhl führt.“ Handwerker reagierten auf eine solche Verarbeitung zunächst verdutzt. „Sie haben gelernt, die Folie möglichst unbeschadet zu montieren“, erläutert der Bauingenieur. Anderswo sei dies auch wichtig, beispielsweise im Fensterbereich, nicht aber oben im Dachstuhl.

Auch Olaf Henschen, Niederlassungsleiter der Firma HausCompagnie, hört den Ausführungen von Schröder bei der Baubegehung aufmerksam zu. Die Firma mit dänischen Wurzeln hofft, unter Hinweis auf ihre Mitgliedschaft im VQC noch mehr Kunden in Norddeutschland gewinnen zu können. „Nicht nur die gesetzlichen Vorgaben an Wohnhäuser sind anspruchsvoller geworden, sondern auch die Bauherren“, sagt Henschen. Deshalb habe man sich entschieden, alle Vorhaben der Firma vom VQC begleiten zu lassen. Die Kosten dafür seien, wie bei diesem Projekt auch, bereits eingepreist.

Sie betragen bei einem Haus ohne Keller etwa 1785 Euro, mit Keller etwa 2200 Euro und umfassen drei Kontrollgänge. Für die Baufamilien in Norderstedt bedeutet dies, dass sie die Doppelhaushälften mit 103 Quadratmetern zu einem Quadratmeterpreis von 1300 bis 1900 Euro erhalten – „je nachdem, welcher Standard gewünscht ist“, sagt Henschen. Die Kontrollen werden dabei jeweils beim Einbau der konstruktiven Teile, zum Zeitpunkt des Trockenbaus, wenn also Fenstern, Türen und Dämmung eingebracht werden, und schließlich vor Beginn der Malerarbeiten vorgenommen.

Auch Bauherren können einen der 30 Sachverständigen des VQC mit einer solchen Baubegleitung beauftragen, ebenso wie Sanierer, hebt Udo Schumacher-Ritz hervor. „Die Ergebnisse dieser Baubegehungen werden in einer Fotodokumentation und einem Protokoll festgehalten. Zum Schluss prüfen wir mittels eines Blower Door Tests, ob das Haus auch wirklich so dicht ist, wie der Gesetzgeber es vorschreibt.“

Unverständlich findet es Jan Helge Schröder, dass es angesichts dieser Vorgaben immer noch möglich ist, ein Haus zu bauen ohne Lüftungsanlage. „Früher waren die Häuser so gebaut, dass ein Luftaustausch auch ohne gezieltes Fenster- und Türöffnen zustande kam“, erzählt er. Man spreche vom Faktor 20 bei diesen Häusern, bei einem Neubau hingegen vom Faktor 1. „Man muss also 20-mal mehr lüften als früher“, sagt der Bauingenieur. Für einen Haushalt, in dem die Bauherren arbeiten, praktisch unmöglich.

Mehr zum Verein unter www.vqc.de

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