In Winterhude gelang der Umbau einer Gewerbeimmobilie zu einem Gebäude mit drei autarken Einheiten. Eine davon erhielt sogar eine Dachterrasse

Eine unscheinbare, ursprünglich nur für gewerbliche Zwecke genutzte Immobilie kann zu einer interessanten Wohnimmobilie werden. Das zeigt ein Projekt in Winterhude, bei dem ein Fotostudio so umgebaut wurde, dass von ihm nur noch die hohen Wände sichtbar blieben. Wer vor dem in den 80er-Jahren hell verkleideten Bau steht, ahnt nicht, dass sich hinter der Fassade jetzt drei sehr schöne Wohnungen befinden.

Eine davon bewohnt der Eigentümer selbst: Jörg Schultheis. Die 180 Quadratmeter große Wohnung, verteilt auf zwei Etagen, konnte er weitgehend von den Vorbesitzern übernehmen. Diese hatten die Immobilie zuletzt zum Wohnen und Arbeiten genutzt: unten das Fotostudio, darüber die Wohnung mit zwei Büros. Allerdings waren diese etwas stiefmütterlich vom Wohnbereich abgetrennt: durch eine Art Loggia und einen Trakt, in dem alles mögliche abgestellt werden konnte.

Hier kommt Architekt Tarek Abd Rabbo ins Spiel. Nach seinen Ideen und Plänen erfolgte in enger Abstimmung mit Jörg Schultheis vor gut zwei Jahren der Umbau der Immobilie. Das Büro des sympathischen 42-Jährigen, der sich mit Blick auf seine Mutter als bayerischer Ägypter bezeichnet, gleichwohl gebürtiger Hamburger ist, befindet sich nur unweit von der Immobilie. „Ein Vorteil“, wie er hervorhebt, „konnte ich doch so die zum Teil schwierigen Umbaumaßnahmen kritisch begleiten.“

Eine davon bestand darin, den Bereich Wohnen und Arbeiten wieder harmonisch zu verbinden. Dies gelang ihm, indem er den Bereich mit Abstellfunktion zu einem Verbindungstrakt zwischen Küche und jetzigem Kinderzimmer umfunktionierte. Der Trakt selbst dient dabei zugleich als Kinderbad, in dem mit viel Finesse alles Notwendige untergebracht ist: Der Duschkopf ist mittig im Raum an der Decke angebracht, direkt darunter befindet sich der eingelassene Abfluss, sodass Wasser in dem mit großformatigen Fliesen verlegten Bad schnell abfliesen kann. Ein in das schmale Fensterband eingelassener Spiegel kann mit einem weiteren Element so verschoben werden, dass beide zugleich als Sichtschutz dienen, um neugierige Blicke abzuwehren.

Abd Rabbos Sinn fürs Detail und gute Handarbeit ist überall sichtbar: Türen und Leisten sind bündig eingebracht, zusammen mit dem Bauherren hat er darauf geachtet, dass Design und Funktionalität meist eine Einheit bilden. So wurde das Fotostudio unten zum großzügigen Eingangsbereich umgestaltet. Hier können Schuhe und Jacken ebenso problemlos abgelegt werden wie die beiden Fahrräder, die der Hausherr lässig an einer Wand abgestellt hat. „Den Raum nutze ich auch gern für kleine Picknicks, wenn meine Kinder mit Freunden zu Besuch sind und wir draußen grillen“, sagt der Chef einer Hamburger Agentur, der vorher in einer Jugendstilwohnung an der Maria-Louisen-Straße (ebenfalls Winterhude) gewohnt hat.

„Als schwierig, für Laien jedoch nicht erkennbar, erwies sich der Einbau von Schallschutzwänden und Entlüftungsrohren für die neue Wohnung“, sagt Tarek Abd Rabbo, der nach seinem Studium vier Jahre bei Bothe Richter Teherani gearbeitet und in den zehn Jahren seiner Selbstständigkeit bereits einige Sanierungsprojekte umgesetzt hat. „Mir war wichtig, dass die Funktionsräume beider Wohnungen aneinandergrenzen, sodass sich keiner der Bewohner vom anderen gestört fühlt.“

Aus einer Immobilie das Bestmögliche zu machen, treibt Jörg Schultheis an

„Das ist gelungen“, freut sich Jörg Schultheis. „Von meinen Mietern bekomme ich nichts mit.“ Das Kinderbadezimmer in seiner Wohnung grenze beispielsweise an den Treppenaufgang der neuen Wohnung mit Galerie und Dachterrasse. Kontakt zu seinen Mietern pflegt Schultheis trotzdem gern. „In einer der Wohnungen leben Freunde von mir, mit denen ich schon an der Maria-Louisen-Straße so etwas wie eine Wohngemeinschaft hatte.“ Dennoch hat jede der drei Wohnungen ihren eigenen Eingang. Zur neu erstellten Wohnung gelangt man beispielsweise über einen Eingang an der Hofeinfahrt. Jörg Schultheis war es wichtig, dass im Außenbereich eine durchgehende Betonplatte verlegt wurde. „Ich mag klare, reduzierte Formen“, sagt der Agenturchef, der bereits mit 26 Jahren seine erste Wohnung gekauft hat. Schon damals hatte er den Ehrgeiz, aus einer Immobilie das Bestmögliche herauszuholen. „Ich habe alle Eigentümer dazu bewegen können, dass die Wohnungen zum Kanal hin Balkone erhielten. Davon hat nicht nur mein Mieter profitiert, das war zugleich wertsteigernd“, erinnert sich Schultheis.

Das gilt nun auch für die Immobilie an der Ulmenstraße, in deren Umbau er etwa 400.000 Euro investiert hat. Probleme mit den Behörden habe es nicht gegeben. „Wir haben vermutlich davon profitiert, dass drei Pkw-Stellplätze nachgewiesen werden konnten und dass der Bezirk daran interessiert ist, am ehrgeizigen Wohnungsprogramm des Hamburger Senats mitzuwirken“, sagt Abd Rabbo. So habe er gemeinsam mit Jörg Schultheis eine Wohnung planen können, die basierend auf einer aufwendig konstruierten Stahlkonstruktion sogar Zugang zu einer kleinen, aber feinen mit Bangkirai ausgelegten Dachterrasse bietet. „Der gesamte obere Bereich der Wohnung schwebt praktisch und wird gehalten von drei Stahlstützen“, sagt Abd Rabbo.

Diese Konstruktion spiegelt sich auch im Inneren der Wohnung wider: Es entstand eine Galerie, gestützt von zwei schmalen Säulen, die von den jetzigen Bewohnern als zusätzlicher Essplatz in etwa vier Meter Höhe genutzt wird. Darunter befindet sich ein überdachter Bereich, der sich mit der dunkelgrau getönten Wand, den Büchern und einem gemütlichen Sessel als Rückzugsort anbietet. Von der Galerie gelangt man über eine schmale, von einem Schlosser maßgefertigte Stahltreppe in die Dachetage, wo außer dem Zugang zur Terrasse sogar noch Platz für ein Gästebett ist.

Jörg Schultheis ist ebenso wie sein Architekt stolz auf den Umbau. „Es galt, drei autark voneinander funktionierende Systeme im Gebäude herzustellen. Das ist uns gelungen.“ Beispielsweise sei die gesamte Elektro- und Gasversorgung für alle Einheiten in die Tiefgarage verlegt worden. „Im Gegenzug entstand im Erdgeschoss ein schönes Schlafzimmer für die neue Galeriewohnung, das Ausblick auf den ruhigen Innenhof bietet.“