Wohnen im Denkmal In Bergedorf wurde eine Villa von 1934 behutsam renoviert – Überraschungen gehörten dazu

„Eigentlich wollte ich nie Eigentum erwerben. Doch als ich dieses Haus mit seinen schönen Proportionen entdeckt habe, ist mir das Herz aufgegangen. Da musste ich einfach zuschlagen“, erzählt Jens Mack, 47, der 2009 zum Immobilienbesitzer wurde. Das samt seiner Außenanlagen unter Denkmalschutz stehende Haus, das es dem Hamburger Werber und Designer so angetan hat, steht in Bergedorf gegenüber vom Schlossgarten. Es wurde 1934 von dem Architekten Rudolf Reusse für eine Arztfamilie errichtet – mit schlichten kubischen Formen, schlanken Pfeilern, einer verputzten Fassade unter einem Walmdach und einer großzügigen Innenraumgestaltung. Der Bau passt sich in mehreren Abstufungen dem zur Straße hin abfallenden Gelände an. Über dem Kellergeschoss, in dem sich heute eine Arztpraxis befindet, erhebt sich ein eingeschossiger Anbau mit einer darüber liegenden Terrasse. An der Nordseite führt eine gemauerte Freitreppe am Haus entlang zum höher platzierten Hauseingang an der Nordseite. „Herr Reusse war ein schlauer Mann, der seiner Zeit weit voraus war. Sein von Offenheit geprägter Baustil ist noch heute modern. Außerdem ist es ihm perfekt gelungen, das Gebäude mit einer Wohn- und Nutzfläche von rund 400 Quadratmetern in den bestehenden Hang einzugliedern und es trotz seiner Größe eher zurückhaltend wirken zu lassen“, sagt der Hausherr.

Der Erhalt des Hauses liegt im öffentlichen Interesse

Für das Denkmalschutzamt ist der verputzte Bau mit Walmdach, der sich über insgesamt vier Ebenen erstreckt, „eines der wenigen Beispiele für die Ansätze des neuen Bauens in Bergedorf und ein wichtiger Bestandteil des Villengebietes“. „Die Erhaltung des in seiner Erscheinung nur wenig veränderten Hauses liegt daher aus stadtteil- und architekturhistorischen Gründen sowie aufgrund seiner Bedeutung für das Stadtbild im öffentlichen Interesse“, erläutert Kristina Sassenscheidt vom Hamburger Denkmalschutzamt.

Bevor Jens Mack sein neu erworbenes Haus beziehen konnte, stand jedoch zunächst viel Arbeit an. Insgesamt vier Monate benötigte er, um in dem Bau in Abstimmung mit dem Denkmalschutzamt eine Kernsanierung durchzuführen und den „Charme“ der 1950er-Jahre verschwinden zu lassen: Fenster wurden teilweise ausgetauscht, Wände gespachtelt, Elektroleitungen erneuert, Parkettböden abgeschliffen, Fliesen aufgearbeitet. Dabei hat Mack allergrößten Wert darauf gelegt, bauzeitliche Details wie die Türen, Fenster, den Kamin im Wohnzimmer oder die Solnhofener Platten im Erdgeschoss zu erhalten oder sie originalgetreu aufzuarbeiten. Als Vorbild fungierten dabei auch alte Fotoalben, die der Vorbesitzer Jens Mack zu seinem großen Glück überlassen hat. Sie enthalten viele stimmungsvolle Schwarz-Weiß-Fotos, die während der Bauphase entstanden sind. „Mir ging es vor allem darum, den alten Zustand des Hauses wieder herbeizuführen“, so Mack. „So ist zum Beispiel der Grundriss heute wieder so, wie er mal war. Eine Ausnahme bildet der offene Wohn- und Essbereich, auf den ich nicht verzichten wollte.“

Insgesamt bewohnt er heute zusammen mit seiner Freundin eine Fläche von 260 Quadratmetern, die sich auf vier Ebenen und fünf große, lichtdurchflutete Zimmer verteilt. An den weiß verputzten Wänden ziehen etliche Kunstwerke, die der Hausherr selbst gemalt hat, alle Blicke auf sich. Die Möbel sind sorgsam ausgewählt: Antikes wie Omas Küchenschrank und Modernes wie die stylischen Artemide-Leuchten bilden einen spannenden Kontrast. Fast liebevoll spricht der Kunstliebhaber über die originalen Möbelklassiker und Wohnaccessoires, die er und seine Freundin im Internet, in Auktionshäusern oder bei Fachhändlern zusammengesucht haben – sei es der legendäre Fledermaussessel aus den 1930er-Jahren oder der Lounge Chair von Eames aus den 1950er-Jahren. Stolz ist Mack auf die Original-Audiorama-Stereoboxen aus den 1960er-Jahren. „Was für ein Sound, unübertroffen“, so sein fachmännisches Urteil. Das Gespür für Stil, Ästhetik und Qualität sei ihm als Architektensohn möglicherweise schon in die Wiege gelegt worden, vermutet Mack. „Wir sind zu arm, um Quatsch zu kaufen“ sei ein Satz seiner Mutter gewesen, der ihn sehr geprägt habe.

Wer ein altes Haus bewohnt, der weiß, dass die Arbeit eigentlich nie aufhört. Mittlerweile hat Mack eine aufwendige Fassadensanierung hinter sich gebracht. Auch der Dachstuhl, der komplett vom Hausbock befallen war, wurde rundum erneuert. Das Denkmalschutzamt habe ihm auch bei diesen Baumaßnahmen mit sehr viel Hilfe und nützlichen Adressen zur Seite gestanden, lobt Mack die Zusammenarbeit. Derzeit ist er dabei, den Dachstuhl auszubauen. Dort sollen ein Schlafzimmer und ein Bad entstehen. „Trotz der vielen Arbeitsstunden, die bislang in die Renovierung geflossen sind, habe ich es bislang keine Minute bereut, das Haus erworben zu haben“, sagt Jens Mack und genießt das Ambiente seines Denkmals.