Das Ehepaar Germann lebt mit seinen vier Söhnen in einem liebevoll sanierten Backsteinhaus. Ursprünglich sollte es abgerissen werden

Hartnäckigkeit zahlt sich aus, insbesondere wenn so etwas wie magische Anziehungskraft eine Rolle zu spielen scheint. Diesen Eindruck bekommt man, wenn Marisa Germann von ihrem alten, mittlerweile liebevoll sanierten Backsteinhaus in Halstenbek erzählt.

„Wir waren gerade mit unserem ersten Sohn von Eppendorf aus einer 50 m2 großen Wohnung in ein Stadthaus ganz in der Nähe von unserem jetzigen Zuhause gezogen, als ich bei einem Spaziergang zufällig das Haus entdeckte“, erzählt die 41-Jährige. Damals habe ihr eine alte Dame aus einem der Fenster des Hauses freundlich zugewinkt. „Das war 2003. Und obwohl alles an dem Gebäude ein wenig vernachlässigt wirkte, ein Teil der Fassade schon zugewachsen war, hatte ich sofort den unbedingten Wunsch: Hier möchtest du einmal mit deiner Familie wohnen.“ Damals erwarteten die Germanns gerade den zweiten von insgesamt jetzt vier Söhnen.

Freunde, Bekannte und ihr Mann Kay, ein ehemaliger Handball-Bundesligaspieler, versuchten ihr den Wunsch auszureden. „Wir waren ja erst kurz zuvor in ein schönes Stadthaus ganz in der Nähe gezogen, das Teil einer historischen, umgewandelten Baumschulkaserne war“, räumt die Halstenbekerin selbst ein. Auch dieses Haus habe Flair gehabt mit seinen vier Meter hohen Decken und den 200 Quadratmetern Wohnfläche. „Allerdings war es nur fünf Meter breit, die Fläche verteilte sich auf vier Etagen“, wie Marisa Germann im Nachhinein ihre damalige Zuwendung zu dem älteren, damals unsanierten Haus zu erklären versucht. In ihrem neuen Zuhause müsse sie dagegen nur noch zwei Etagen in Schach halten.

Jedenfalls konnte sich die ehemalige Hamburgerin, die längst mit ihrer Familie die Vorzüge des Lebens im Grünen mit lieben Nachbarn und deren Kindern zu schätzen gelernt hatte, nicht mehr dem Bann dieses Hauses entziehen. Sie machte sich auf die Suche nach dem Eigentümer des alten Backsteinhauses und fragte ihn, ob ihre Familie das Haus kaufen könnte. Seine Antwort damals in Plattdeutsch: „Das lass mal sein, mien Deern, das ist ein Fass ohne Boden. Damit wirst du keine Freude haben.“ Eher denke er an Abriss denn an einen Verkauf des Hauses.

Sechs Jahre später kam es dann endlich zum ersten Hausbesichtigungstermin

Andere hätten es dabei vermutlich bewenden lassen. Nicht jedoch Marisa Germann, die in ihrer Freizeit gern alte Möbel aufarbeitet, vieles für das Haus selbst näht und auch sonst „eigentlich immer auf der Suche ist, irgendeine Ecke des Hauses zu verschönern“, wie sie zugibt. Und so wusste sie ihre Chance zu nutzen, als sie erfuhr, dass das Haus, in dem über mehrere Generationen hinweg eine alteingesessene Baumschulfamilie gelebt hatte, nicht so ohne Weiteres abgerissen werden durfte. „Ich wandte mich erneut an den Eigentümer, und der lenkte nun endlich ein“, freut sich Marisa Germann noch heute. Das war 2009, sechs Jahre nachdem sie das erste Mal das Haus gesehen hatte!

Die Germanns bekamen ihren ersten Hausbesichtigungstermin, und nachdem ein hinzugezogener Sanierungsfachmann keine Einwände hatte, stand fest: Das Haus mitsamt dem 3000 Quadratmeter großen Grundstück kann gekauft und saniert werden.

Bei den anschließenden Arbeiten kamen dann ungeahnte Schätze zum Vorschein. „Unter dem alten Teppichboden fanden wir gut erhaltene Pitchpine-Dielen, im Flur sehr alten Terrazzo-Steinboden und hinter einer alten Tapete in der Küche schöne Landhausfliesen“, so Marisa Germann.

Mittlerweile ist dieser Ort zu ihrem Lieblingsplatz geworden. Hier backt und kocht die Hausherrin gern und schaut bei einer Tasse Kaffee gern in den romantischen Vorgarten. Ihre vier Söhne Lenni, 11, Kjell, 9, und die Zwillinge Jesse und Tjorven, 3, haben hingegen den Garten mit Kletterbaum, Spielgeräten und eigener Feuerstelle für sich entdeckt – ebenso wie die sechs Kaninchen der Familie, die frei herumlaufen. „Die sind das ganze Jahr über draußen und laufen trotzdem nicht weg. Wo sie nachts schlafen, wissen wir nicht, aber sobald wir in den Garten kommen, stecken sie die Köpfchen aus ihren Löchern und suchen unsere Nähe“, erzählt die vierfache Mutter.

Kay Germann freut sich indessen über ruhige Stunden nach Feierabend auf der Terrasse mit Blick auf den Sonnenuntergang: „Wir haben es hier wirklich gut getroffen und fühlen uns immer ein wenig wie in den Ferien. Hier können wir uns super erholen, und die Nachbarn von früher leben ja auch weiterhin ganz in unserer Nähe“, sagt der ehemalige Leistungssportler, der jetzt in Hamburg bei einem großen Versicherungsunternehmen arbeitet.

Die Germanns haben offensichtlich ihr eigenes Bullerbü im Nordwesten von der Hansestadt gefunden. Gut 170.000 Euro steckten sie nach eigenen Angaben in die Sanierung des Hauses – nach Kauf des Hauses mit Grundstück für etwa 250.000 Euro. Nicht nur das Dach wurde erneuert, auch das Obergeschoss für die vier Jungs wurde schön ausgebaut, dafür neue Velux-Fenstertechnik eingesetzt. Geld floss auch in neue Heiztechnik sowie in die Dämmung des Hauses. „Die musste aber nicht so umfangreich ausfallen wie wir ursprünglich dachten. Denn bei den Arbeiten stellte sich heraus, dass das Haus praktisch über drei Mauerwerke verfügt. Wir konnten es daher bei der Isolierung der Wandzwischenräume belassen“, erzählt Marisa Germann.

Unvorhergesehene Kosten entstanden jedoch, als sich herausstellte, dass die Zwischendecke völlig porös war und komplett erneuert werden musste. Kay Germann musste deswegen zunächst auf ein Detail im Haus verzichten, auf das er jetzt besonders stolz ist: ein Kachelofen aus dem Jahr 1870. Den ließ der Hausherr extra aus Schweden anliefern. Er sorgt an kühlen Abenden für zusätzliche Wärme in dem 180 Quadratmeter großem Haus.

Dieses verströmt mit seinen hellen, von Marisa Germann fachgerecht aufgearbeiteten Möbeln, die sie zuvor mit ihrem Mann auf Floh- und Antikmärkten zusammengetragen hat, ein freundliches Wohnambiente im skandinavischen Stil.

Gibt es etwas, was die Germanns anderen empfehlen würden? „Ja, man sollte sich nie entmutigen lassen und sich auf das Abenteuer einer Renovierung einlassen“, sagen Marisa und Kay Germann. Dabei aber nicht den Ehrgeiz verfolgen, alles von Anfang an perfekt haben zu wollen. „Für den Einbau des Kachelofens haben wir uns ja auch ein wenig Zeit nehmen müssen.“

Kay Germann ist zuversichtlich, dass seine Frau nun „zur Ruhe“ gekommen ist und nicht mehr nach potenziellen Gebäuden sucht, die sie umgestalten kann. Marisa Germann lässt ihn in dem Glauben. „Schließlich habe ich noch längst nicht alle Potenziale des jetzigen Hauses ausgeschöpft“, sagt sie augenzwinkernd. „Da gibt es noch zwei Schuppen am Haus, von denen ich einen jetzt schon als Atelier nutze, und den anderen könnte ich, wenn es mir die Gemeinde erlauben sollte, irgendwann zu einem kleinen Geschäft für aufgearbeitete Möbel und Dekoratives umbauen.“ Kay Germann bleibt gelassen bei diesen Worten. Schließlich hat auch er noch unerfüllte Wünsche im Zusammenhang mit Haus und Grundstück: „Einen Schwimmteich, wenn die Jungs größer geworden sind.“