Die Rechtsprechung zeigt: Alte und behinderte Menschen genießen zwar Vorrechte als Mieter. Aber auch hier gibt es Ausnahmen

Wenn jemand eine Wohnung oder ein Haus besitzt, dann sollte es ihm möglich sein, nach Wunsch darin zu wohnen. Doch, was wenn diese Immobilie vermietet ist - wessen Rechte überwiegen dann? Genau in diesem Spannungsfeld befinden sich die Verfahren wegen Eigenbedarfskündigung.

Grundsätzlich gilt: Betagte Mieter, die oft schon sehr lange in dem Objekt leben, genießen einen besonderen Schutz. Sie können, je kränker sie sind, umso weniger gezwungen werden, ihre angestammte Heimat zu verlassen. Doch das Alter ist nicht immer ein zwingendes Argument, wie der Infodienst Recht und Steuern der LBS unter Hinweis auf ein Urteil hervorhebt. So hielt es das Landgericht Frankfurt/Main (Aktenzeichen 2-11 S 110/11) für zumutbar, dass ein 84-jähriger Mieter nach vier Jahrzehnten seine 68 m² große Wohnung für eine Familie räumte. Das Gericht verwies dabei auf die "Entwicklungsmöglichkeiten der beiden Kinder der Eigentümer". Ohnehin zählen Kinder und Eltern des Eigentümers zu dem Personenkreis, für die Eigenbedarf geltend gemacht werden darf - ebenso wie für Nichten und Neffen (BGH, Az. VIII ZR 159/09). Auch wenn der Eigentümer eine Hausangestellte bzw. ein Au-pair-Mädchen in seiner vermieteten Wohnung unterbringen will, wird dies als berechtigtes Interesse bewertet (BGH, Az.: VIII ZR 127/08). Im konkreten Fall war das Objekt erst kurz zuvor im Zuge einer Umwandlung erworben worden. Die Mieter waren deswegen der Meinung, es gelte hier die gesetzliche Sperrfrist, wonach eine Eigenbedarfskündigung erst nach Ablauf von zehn Jahren möglich sei. Der BGH sah dies jedoch anders. Läuft eine Kündigung wegen Eigenbedarfs, dann hat der Vermieter anzuzeigen, falls eine ihm gehörende vergleichbare Wohnung zwischenzeitlich frei wird. Sie muss dem gekündigten Mieter als Alternative angeboten werden. In jedem Falle sei das dann nötig, wenn das Objekt in derselben Wohnlage oder sogar im selben Haus liegt, entschied der BGH (Az. VIII ZR 78/10). Hier hatte die ursprüngliche Wohnung eine Größe von 45 Quadratmetern, die frei gewordene Immobilie im selben Haus war 60 Quadratmeter groß. Deswegen könne man durchaus von Vergleichbarkeit der Immobilien sprechen, hieß es im Urteil.