Wer in einem “Hexenhäuschen“ oder in einer kleinen Wohnung lebt, richtet sich bewusster ein. Wenig Platz erzieht zur Konsumzurückhaltung.

In den Märchen der Gebrüder Grimm kommen solche Häuser vor: klein und schmal, mit tiefgezogenem Dach, kleiner Haustür und Gärtchen hintendran. Die gibt es auch in Hamburg, und sie werden von Spaziergängern oft fasziniert betrachtet. Dass man in einem dieser schnuckeligen "Hexenhäuschen" bequem wohnen kann, vermag sich kaum einer vorzustellen.

Doch André Z. beweist, dass es geht: Seit über 40 Jahren wohnt er in einem der urigen Häuschen am Bäckerbreitergang. Die zweigeteilte Klöntür gibt den Weg frei in sein Reich: 39 Quadratmeter Fläche plus Garten. "Reicht völlig. Ich lebe wie in einer Höhle und habe alles, was ein Mensch zum Leben braucht: einen Tisch mit drei Stühlen, ein Bett, eine Küche und ein Badezimmer". Wohn- und Schlafraum gehen als Hamburger Zimmer ineinander über, Küche und Bad sind extra. Die Kleidung hängt an einer kräftigen Holzstange quer über den Flur. "Ich kann mich gut beschränken, weil ich mein halbes Leben zur See gefahren bin", erzählt der zwei Meter große Mann. "Da durfte man nur 30 Kilogramm mitnehmen." Oft bleiben Leute stehen und fragen, wie man denn an so eine Wohnung kommen könne. "Gar nicht", sagt André schmunzelnd. "Keiner möchte hier jemals ausziehen!"

Das 300 Jahre alte Haus bietet dank Wintergarten 45 Quadratmeter

Nur geringfügig größer ist das Zuhause von Maret R. und Sven F., die seit zwei Jahren mit ihrem inzwischen sechs Monate alten Sohn in einem 300 Jahre alten Gebäude wohnen. Es verfügt über gerade mal 30 Quadratmeter - dank eines vom Vorbesitzer angebauten Wintergartens haben sie jetzt immerhin 45 m² zum Wohnen und Essen - durchzogen von uraltem Fachwerk.

Architektin Maret hat mit sensibler Hand ihr Heim gestaltet: Der Kochbereich dient als Raumteiler zwischen Wohnbereich und Wintergarten. Dem Badezimmer, das als einziges über eine Tür verfügt, reichen sagenhafte 1,6 mal 1,3 Quadratmeter. Zusätzliche 15 Quadratmeter Platz bietet der ehemalige Heuboden des Hauses, den die Familie als Schlafplatz und zur Kleideraufbewahrung nutzt. Unter der schmalen Treppe, die dorthin führt, befindet sich viel Stauraum: Hinter dem grifflosen Einbauschrank verbergen sich nicht nur Kühlschrank und Waschmaschine, sondern ein Wickelplatz samt Pflegeutensilien. Auch der Backofen ist hier hüfthoch eingesetzt. "Wir fühlen uns im Haus unglaublich wohl", sagt Maret. "Nur wird wohl irgendwann ein extra Kinderzimmer fehlen."

Kleine Wohnungen erziehen einen zur Konsumzurückhaltung: Unüberlegtes Kaufen von Dingen jeder Art gewöhnt man sich schnell ab, wie das Paar berichtet. Denn wo sollen sie nur hin, all die Bücher und Schuhe und erst recht all der Krimskrams, wenn selbst eine große Obstschale in der Küche zu viel Platz weg nimmt? So haben sich die beiden vor dem Umzug von allem Überflüssigen getrennt und kaufen viel bewusster ein als früher. "Das kann ich nur jedem empfehlen", sagt Maret. "Zu viel Platz tut den meisten Leuten nicht gut. Da sammelt sich nur jede Menge Zeug an, das keiner wirklich braucht."

Die folgenden Einrichtungstipps helfen beim Einrichten einer sehr kleinen Wohnung: Wenn möglich, sollte man eine Fläche durch Wände wenig zergliedern. Das vermittelt ein Gefühl von Größe. Gutes Licht und große Spiegel vergrößern den Raum zudem optisch, ebenso wie zarte Wandfarben.

Bei der Suche nach Stauraum möglichst Lösungen im einheitlichen Stil bevorzugen. Einbauschränke in Nischen, Ecken und unter Dachschrägen bieten genauso viel Platz wie ein mächtiger Schrank. Regale lassen sich auch an Türen hängen, ein 30 Zentimeter unter der Zimmerdecke durchlaufendes einzelnes Regalbrett eignet sich hervorragend für die Aufbewahrung verschiedenster Dinge in hübschen Boxen.

Möbel mit Doppelfunktion helfen ebenfalls, Platz zu sparen: Ein Hocker wird zum Tritt, die Sitzbank versteckt Mützen und Taschen, ein Bücherregal, beidseitig genutzt, trennt den Wohnbereich von der Küche. Dort sind ein ausziehbarer Tisch und Klappstühle ebenfalls praktisch. Auch an der Wand über dem Herd lassen sich in kleinen CD-Regalen oder Metallblumentöpfen Gewürze und Kochlöffel verstauen.

Sind die Wände sehr hoch, kann eine Zwischendecke an einer Seite mit schmaler Leiter zusätzlichen (Schlaf-)Raum schaffen. Ansonsten ist der Kauf eines Schlafsofas zu empfehlen.

Wer sich dann und wann trotzdem ein Zuhause mit mehr Fläche wünscht, dem sei zum Trost gesagt: weniger Fläche bedeutet meist auch einen geringeren Energieverbrauch und weniger Miete. Und man lebt nachhaltiger, da man sehr schnell aufhört, Überflüssiges zu kaufen. Das kann sich also ein Großteil der Hamburger zugute halten. Denn eine aktuelle Auswertung der Regionalstatistiken durch das Magazin "Men's Health" ergab: Jeder Hamburger lebt im Durchschnitt auf etwa 36 Quadratmeter Wohnfläche. In München und Berlin sind es jeweils 38 m².

Wer Dinge hat, die sich bei aller Beschränkung einfach nicht in der Wohnung unterbringen lassen: André Z. verstaut diese in seinem Campingbus, und Maret und Sven haben einen Keller gemietet. Und dann gibt es als Folge der großen Nachfrage nach Stauraum in Hamburg etliche "Storage"-Lagerhallen, in denen man trockene Aufbewahrungsräume jeder Größe mieten kann.