Musterhaus und Co.: Bauträger erstellen zur besseren Vermarktung zusammen mit Profi-Einrichtern Muster-Apartments für Interessenten.

Die Suche nach einer neuen Wohnung in Hamburg dauert nicht selten mehrere Jahre. Wird ein neues, größeres Objekt gebaut, stürzen sich viele Wohnungssuchende bereits auf den Miet- oder Kaufvertrag, obwohl noch nicht einmal die Baugrube ausgehoben ist. Einige Monate später stehen sie dann mehr oder weniger verzweifelt in den dunklen, kahlen Betonlöchern ihres Rohbaus und können sich darin nur unter größten Schwierigkeiten eine begehrenswerte Wohnung vorstellen.

Für Objekte im gehobenen Segment lassen einige Bauunternehmen deshalb bereits vor dem Richtfest von erfahrenen Innenausstattern eine Musterwohnung einrichten. Für den zukünftigen Bewohner ist der Anblick von schönen Fußböden, verputzten Wänden, angenehmer Beleuchtung und gut kombiniertem Mobiliar sehr hilfreich. Einfacher als Visionen sind Tatsachen: Wie weit ragt so ein Bett in den Raum, wie viel Platz nimmt ein Esstisch ein, wo steht das Schuhregal im Flur.

Innenarchitekten setzen bei der Einrichtung solcher Musterwohnungen die aktuellen Wohntrends dezent um, arbeiten Hand in Hand mit Malern, Tischlern, Lichtplanern und Polsterwerkstätten. Denn die Wohnung soll neu und modern, aber auch vertraut wirken. Nach diesem Prinzip wird seit Langem am Bau vorgegangen, neu ist jedoch, dass Musterwohnungen zu immer früheren Bauabschnitten fertiggestellt werden.

Eine davon wird gerade in einem großen Rohbau in St. Georg von den beiden Einrichtungsprofis Ralf Geerling und Ramin Mossapour gestaltet. "Bei einer Musterwohnung müssen wir den Geschmack vieler treffen", sagt Ralf Geerling. "Gleichzeitig wollen wir überraschen und den Leuten Mut machen, ohne zu verschrecken." Deshalb werde gern mal eine einzelne Wand opulent tapeziert, nie aber der gesamte Raum. Dieses Prinzip haben die beiden Männer auch im Schlafzimmer angewendet, wo eine Wand in klassischem Barockmuster in braun-metallic tapeziert ist, was zusammen mit einer Felldecke über dem Bett sehr gemütlich wirkt. "Bei der letzten Besichtigung haben sich die Leute reihenweise aufs Bett geworfen, weil es ihnen so gut gefallen hat", sagt Ramin Mossapour. "Das Schlafzimmer schien zu gefallen!"

Die Einrichtungs-Trendsetter haben keine Probleme, Geradlinigkeit und verspielte Accessoires miteinander zu kombinieren. "Ich mag zwar in der Küche klare Strukturen", sagt Geerling, "doch auch hier können einzelne, dekorative Accessoires ihren Platz finden. Nur stören dürfen sie nicht." Im Flur wurde das kluge Prinzip amerikanischer Wohnungen übernommen, dort ist ein großer, dezenter, maßgenauer weißer Einbauschrank vorgesehen.

Jeder Innenarchitekt hat seine eigene Handschrift. Bei "Mossapour" ist es die Mischung aus Möbeln verschiedener Dekaden und von unterschiedlichen Kontinenten. Mehrere Wochen im Jahr reisen die Einrichter durch Indien, Asien und Italien, um nach Neuem zu suchen. Die Entdeckungen werden in ihrem Geschäft am Ballindamm verkauft. Zusätzlich entwerfen und bauen sie eigene Möbel und Lampen.

Keine Musterwohnung, sondern gleich eine ganze Mustervilla steht in Harvestehude zur Besichtigung für Interessenten bereit. Auf dem weitläufigen Gelände der "Sophienterrassen" stehen nach Fertigstellung den potenziellen Käufern fünf Alstervillen, zwei Parkvillen, 24 Stadtvillen und 105 Wohnungen und Apartments im Sophienpalais zur Auswahl. Auf dem weitläufigen, gesicherten Areal, das sich bis an die Alster erstreckt, kann man auf 40 und bis zu 500 Quadratmeter Wohnfläche wohnen. Die Einrichtung der Mustervilla ist sehr hochwertig, modern und doch gediegen. Auf Details wird viel Wert gelegt - durch das Badezimmer weht ein zarter Duft von teurem Duschgel, in allen Zimmern brennen große Kerzen in sicheren Glasvasen, in der Küche läuft ein Espresso aus dem integrierten Automaten. An sämtlichen Fenstern hängen schiefergraue, sanft schimmernde Vorhänge, die bis auf den Eichenboden reichen. Überdimensionierte Flachbildschirme, in denen der hauseigene Werbefilm läuft, befinden sich neben dem Esstisch und im Wohnzimmer. Die duftende Gästetoilette ist fast so groß wie eine durchschnittliche Küche in Eimsbüttel.

Karl Lagerfeld entwirft bei diesem Luxus-Projekt das Interior-Design für Wohnungen, Empfang und Lounge des denkmalgeschützten Sophienpalais. Hier wird man ein wenig wie im Hotel leben: Statt einen normalen Eingangsbereich betritt man eine Empfangslobby, in der man mit seinem Besuch in vertrauter und doch nicht privater Atmosphäre einen Kaffee trinken kann.

Innenarchitektin Julia Korzilius von "Korzilius Fine Interiors" achtet bei der Ausstattung ihrer Musterwohnungen für Behrendt Wohnungsbau in Eppendorf darauf, möglichst geschlechterneutral einzurichten. Ihr Stil richtet sich nach der Klientel und der vorhandenen Architektur. "Eine Wohnung im Marco Polo Tower einzurichten ist etwas ganz anderes als eine Altbauwohnung", sagt sie. Bei einer kürzlich eingerichteten Musterwohnung einer Wohnanlage, die ebenfalls bereits im Rohbau zu besichtigen war, kam zum Beispiel wegen der engen Hofsituation viel mehr Farbe zum Einsatz als sonst. Die eingerichtete Wohnung dient als Orientierung für zehn zweigeschossige Maisonette-Wohnungen zwischen 107m² und 149 m² Wohnfläche. Das Besondere hier ist, dass erst nach Abschluss des Kaufvertrages der Wunschboden verlegt wird. Das Gebäude steht in einem geschützten Hinterhof und soll vor allem Familien anlocken. Deshalb stimmt Korzilius ihre Einrichtungsvorschläge auf deren Bedürfnisse ab. "Wir erzeugen Wärme durch Stoffe und achten besonders auf das richtige Licht."

Die Einrichtung einer Musterwohnung ist für den Auftraggeber nicht ganz billig. Doch selbst bei Mietwohnungen lohnt sich die Investition. Die Wohnungen werden nach und nach fertiggestellt und müssen dann aus Kostengründen umgehend vermietet werden. Dann erst Besichtigungen anzubieten, wäre viel zu spät. "Wir geben Interessenten damit so früh wie möglich eine Vorstellung ihrer zukünftigen Wohnung", sagt Knut Witthöft, der das Projekt in St. Georg betreut. Die Beauftragung der Einrichtungsprofis von Mossapour habe sich gelohnt. "Viele Besucher überzeugt das Konzept der Musterwohnung. Sie unterschreiben den Mietvertrag, um pünktlich zur Fertigstellung einziehen zu können."

Eine eingerichtete Musterwohnung treibt den Verkauf massiv voran

Das bestätigt auch Kerstin Herrmann von Behrendt Wohnungsbau, zuständig für den Verkauf der Maisonette-Wohnungen in Eppendorf. "Wir zeigen Interessenten eine eingerichtete Musterwohnung bereits im Rohbau und treiben den Verkauf dadurch massiv voran." Dabei werden gern einzelne Vorschläge von Julia Korzilius übernommen, selten jedoch die ganze Ausstattung. Bei dieser Musterwohnung kommen besonders das Sofa und die Lampe über dem Esstisch sehr gut an. So werden sich wohl etliche Käufer bald bei Nachbarn wie zu Hause fühlen.

Dass die Besichtigung von Musterwohnungen und -häusern ein ausschlaggebendes Entscheidungskriterium für den Immobilienkauf ist, bestätigt auch eine repräsentative Online-Studie im Auftrag des Münchner Bauträgers Concept Bau. Danach gaben 46 Prozent der befragten Bundesbürger an, dass sie die Qualität der Inneneinrichtung vorher genau prüfen wollen, bevor sie den Immobilienkauf besiegeln. Insbesondere Frauen legten großen Wert darauf (43 Prozent), im Vorfeld Armaturen, Treppen und Fenster in Augenschein zu nehmen. Positiv bewertet werden Studios, in denen Muster gezeigt werden.

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