Interessenverband fordert Kopplung an Mietspiegel. Bislang nutzen Vermieter ihre Vertragsfreiheit

Angesichts rapide steigender Mieten in deutschen Großstädten hat der Deutsche Mieterbund eine gesetzliche Obergrenze bei Neuverträgen gefordert. "Wo die Nachfrage da ist, schießen die Mieten richtig durch die Decke", sagt Mieterbund-Direktor Lukas Siebenkotten. Während es im laufenden Mietverhältnis bereits Beschränkungen gebe, könnten Neuvertragsmieten bislang einfach erhöht werden. Jetzt sei es Zeit, dass hier ebenso wie bei Bestandsmieten die Höhe an den Mietspiegel gekoppelt werde. Im Idealfall sollten Mieten nicht mehr als zehn Prozent über den ortsüblichen Beträgen liegen. "Wir könnten aber auch mit 15 Prozent leben", sagt Siebenkotten.

Die Forderung findet auch in der Politik Unterstützung. So will die SPD-Fraktion im Bundestag eine Deckelung auf maximal zehn Prozent über der Vergleichsmiete erreichen. Auch die stellvertretende Vorsitzende der Linken, Caren Lay, spricht sich für gesetzliche Höchstmieten aus. Die Bundesregierung müsse ein "Stoppzeichen" setzen, um "die schleichende Ausplünderung der Mieter zu beenden".

Dass sich auf dem Mietwohnungsmarkt ein deutlich höherer Anstieg der Neuvermietungen vor allem in den Städten mit mehr als einer Million Einwohnern abzeichnet, belegt der jetzt vorgelegte Wohn-Index der F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt. "In diesen Städten haben sich die Neumieten seit 2007 um rund 17 Prozent erhöht, nachdem sie zwischen 2004 und 2007 nahezu konstant waren", sagt Bernd Leutner, Geschäftsführer des Hamburger Forschungsunternehmens. Grund sei die hohe Nachfrage besonders in Hamburg (plus 20 Prozent) und Berlin (plus 18 Prozent). Dagegen habe der Mietenanstieg in kleineren Städten im Durchschnitt bei lediglich sechs bis sieben Prozent gelegen. Den Angaben des Statistischen Bundesamtes zufolge nahmen die Mieten in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren um 11,4 Prozent zu. Damit stiegen sie weniger an als die Verbraucherpreise (17,3 Prozent).

Rapide steigende Mieten seien vorrangig ein Problem der Großstädte, räumt Siebenkotten ein. "In attraktiven Citylagen schlagen Eigentümer bei einem Mieterwechsel bis zu 30 Prozent auf die Mieten drauf." In ländlichen Gebieten, vor allem in Ostdeutschland, fielen die Mietsteigerungen dagegen deutlich geringer aus.

Der Eigentümerverband Haus & Grund bezeichnete eine weitere Grenze für Mieterhöhungen als "vollkommen überflüssig". Die jährlichen Mietsteigerungen hätten zuletzt fast immer unter der Inflationsrate gelegen, betont Präsident Rolf Kornemann. Nicht die steigenden Nettokaltmieten seien der Grund für explodierende Preise, sondern unter anderem immens hohe Energiekosten. Durch die Energiewende und den demografischen Wandel seien derzeit zudem enorme Investitionen von den Vermietern gefordert, die durch Mieteinnahmen ausgeglichen werden müssten.

Die Mieten in Neuverträgen sind nach Einschätzung der Mietrechts-Expertin Beate Heilmann vom Deutschen Anwaltverein derzeit "fast ein rechtsfreier Raum". Bisher würden Erhöhungen vom Markt bestimmt. Eine Grenze gibt es laut Heilmann nur bei Mietwucher, also wenn die Neumieten um 50 Prozent über den ortsüblichen Mieten liegen. Wenn Mieter nachweisen könnten, dass die Vermieter eine Wohnungsnotlage ausnutzten, könnten sie auch gegen Mieten vorgehen, die um 20 Prozent über dem Mietspiegel liegen.

Rechtliche Bedenken gegen eine Mietobergrenze sehe sie aber nicht, sagte Heilmann. "Ein solches Gesetz ist möglich." Es schränke allerdings die Vermieter stark ein und greife auch in ihr Recht ein, aus Eigentum wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. Auch die enormen Folgen - unter anderem auf die Bestandsmieten - seien zu bedenken. Entwickele sich der Mietspiegel nicht weiter, würden auch die Bestandsmieten nahezu eingefroren.