Wohnen mit Qualitätssiegel: Sie zeichnen sich durch Nachhaltigkeit aus durch wandelbare Grundrisse, Fassaden aus Algen und Kindergarten im Haus.

In der HafenCity plant die Baugenossenschaft Bergedorf Bille am Lohsepark ein Mehrfamilienhaus, in dem es auch einen Kindergarten geben wird. Die Otto Wulff Bauunternehmung errichtet in Wilhelmsburg im Rahmen der Internationalen Bauausstellung IBA ein "Algenhaus", dessen Bioreaktorfassade Energie für das Gebäude erzeugt. In den Othmarscher Höfen wird der Altonaer Spar- und Bauverein (altoba) ein Wohnhaus bauen, dessen tragende Elemente auf ein Minimum reduziert sind, sodass die Grundrisse in 30 oder 40 Jahren ohne großen Aufwand komplett neu gestaltet werden können. So unterschiedlich die Besonderheiten dieser drei Häuser sind, sie alle vereint der Ansatz, innovativ und nachhaltig zu sein. Zwei dieser Gebäude sollen ihre Nachhaltigkeit unter Beweis stellen, weil sie ein Qualitätssiegel anstreben.

Viele Neubauten erfüllen bereits viele Kriterien für ein Qualitätssiegel

Auch wenn nur wenige der 6000 Wohnungen, die pro Jahr in Hamburg gebaut werden sollen, mit einem solchen Qualitätssiegel ausgezeichnet werden: Viele davon werden energieeffizient und umweltschonend sein und wirtschaftliche und städtebauliche Kriterien erfüllen, die mit dem Begriff Nachhaltigkeit verbunden sind. "Einige Kriterien gehören bereits zum Standard und werden von Neubauten erfüllt", sagt Holger Kowalski, Vorstandsvorsitzender des altoba. "Bei einer Zertifizierung treffen die Standards aber auf verbindliche Qualitätslisten."

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Die von der altoba geplanten Othmarscher Höfe sollen als erstes Gebäude in Hamburg mit dem neuen Qualitätssiegel des "Vereins zur Förderung der Nachhaltigkeit im Wohnungsbau" ( www.nawoh.de ) ausgezeichnet werden. Den Wert dieser Zertifizierung sieht Kowalski darin, dass nicht nur der gesamte Bauprozess transparent und vergleichbar wird, sondern auch die Lebenszykluskosten des Hauses und die Werthaltigkeit der Investition kalkulierbar werden. "Als Kaufmann mag ich solche Systeme, in denen sämtliche Aspekte zusammengefasst sind."

Ein wichtiges Kriterium für Nachhaltigkeit ist die Wohnqualität. Und hier entwickelt jede Generation neue Ansprüche. "Unser Haus wird jetzt für Familien mit Kindern geplant. Aber es ist so konstruiert, dass es gegebenenfalls in 30 oder 40 Jahren komplett entkernt werden kann und vollkommen neue, möglicherweise kleine Wohnungen geschaffen werden können", sagt Kowalski.

Die Baugenossenschaft Bergedorf-Bille strebt mit ihrem Haus, in dem nicht nur Familien mit Kindern leben sollen, sondern auch ein Kindergarten integriert wird, das Umweltqualitätssiegel der HafenCity in Gold an. "Wir vergeben es, wenn das Gebäude zwölf Monate lang im Betrieb gezeigt hat, dass es die erforderlichen Kriterien erfüllt", sagt HafenCity-Sprecherin Franka Kühn. Marko Lohmann, Vorstandschef der Baugenossenschaft, hebt hervor, dass man mit dem Projekt einen städtebaulichen Beitrag leistet, "der nachhaltig zum Funktionieren des Quartiers beiträgt". Das Haus werde zudem seniorengerecht gestaltet, was auch Müttern mit Kinderwagen zustattenkomme. "Zum Beispiel sind die Hauseingangstüren breiter als gewohnt und lassen sich elektrisch öffnen."

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Zum Kriterienkatalog für nachhaltiges Bauen gehört auch ein sparsamer Umgang mit Energie. Hier zeigt das "Algenhaus" in Wilhelmsburg einen neuen Weg auf: Es spart nicht nur Energie, sondern erzeugt sie auch. Das Algenhaus gehört zu den "Smart Material Houses" der IBA. Gemeint sind Gebäude, in denen Baustoffe mit dynamischen Qualitäten verwandt werden. Beim Algenhaus erfüllen die Glaspaneelen der beiden südlichen Bioreaktorfassaden diesen Anspruch. In ihnen wachsen Mikroalgen, die nicht nur Energie erzeugen, sondern auch zur Lichtsteuerung und Beschattung des Gebäudes beitragen. IBA-Chef Uli Hellweg spricht von einem wichtigen Signal für das Bauen in Zeiten des Klimawandels. Zudem fällt das Gebäude durch seine changierende Farbgebung auf, die dadurch entsteht, dass die Biomasse in ständiger Bewegung ist, wodurch die Fassade ihre Farbe verändert.

Architekten begrüßen, dass Kriterien dokumentiert werden

Auch in der Architektenschaft wird das Thema "Nachhaltiges Bauen" seit Jahren diskutiert. Karin Loosen, Partnerin im Büro LRW Architekten und Stadtplaner, begrüßt es, dass durch Qualitätssiegel die Kriterien, die den Planern ständig im Alltag begegnen, im Zusammenhang gesehen und dokumentiert werden. "Schließlich müssen experimentelle Ansätze erst den Nachweis erbringen, ob sie die in sie gesetzten Erwartungen auch erfüllen", sagt Loosen. Die Antwort, wie sich das Ganze nach zehn Jahren darstelle, stehe noch aus. Es sei daher hilfreich, wenn die Kriterien nicht in jedem Fall bewertet, sondern einfach nur beschrieben würden. Architekten hätten dadurch den notwendigen Freiraum, die für die Situation optimale Lösung zu finden, ergänzt Mitarbeiterin Heike Plehn.

Dass Kriterienkataloge an den technischen Fortschritt angepasst werden müssen, betont auch Franka Kühn mit Blick auf das in der HafenCity geltende Bewertungssystem.