Durch einen Um- und Ausbau wurde ein klassisches Einfamilienhaus in Lokstedt nicht nur moderner, sondern auch um 100 Quadratmeter größer

Es war ein Einfamilienhaus aus den 30er-Jahren, in einer hübschen Seitenstraße in Lokstedt, in das sich Almut Felsenstein und ihr Mann vor 15 Jahren verliebten. Mit ihren Kindern, damals ein und drei Jahre alt, bezogen sie das charmante Häuschen. 135 Quadratmeter Wohnfläche boten ausreichend Platz für die junge Familie. Doch dann wurden die Kinder größer, das Haus schien zu schrumpfen. "Da dachte ich: Hey, ich bin Architektin mit eigenem Büro, warum baue ich unser Haus nicht einfach um?", erinnert sich Almut Felsenstein. Sie machte sich ans Werk, und aus dem kleinen Häuschen wurde in eineinhalb Jahren Bauzeit eine schicke 230-Quadratmeter-Villa.

Zunächst zog die Architektin mit ihrer Familie in eine Wohnung, die drei Straßen weiter frei wurde. Dann fing sie behutsam mit der Umgestaltung an. "Wir haben das Haus geliebt, deshalb wollte ich so viel wie möglich erhalten", sagt Almut Felsenstein. Die Wände des Erdgeschosses blieben stehen, Zwischendecke und Obergeschoss wurden abgetragen. Über den Wohnraum wurde ein etwa zwölf Meter langer Stahlträger gespannt. Er ermöglichte, dass das große Zimmer stützenfrei bleiben konnte und trägt die Holzständerkonstruktion des oberen Teils.

Gleichzeitig wurde das Haus energetisch saniert. Es bekam neue Fenster, eine neue Wärmedämmung, eine Solaranlage für die Warmwasserversorgung auf dem Dach und im Garten wurde eine Zisterne installiert, aus der die vier WCs mit Regenwasser gespeist werden.

Was gut in Schuss war, blieb. Etwa die Solnhofer Fliesen in Küche und Eingangsbereich, alle Holztüren sowie die Treppe ins Obergeschoss mit ihrem schönen Eichenhandlauf. Auch die weiße Eckbank und der Holztisch, die noch aus dem alten Haus stammen und vom Vorbesitzer übernommen wurden, stehen wieder dort, wo sie schon immer standen: in der Küche. "Hier ist nach wie vor der zentrale Punkt unseres Hauses", sagt Almut Felsenstein, die leidenschaftlich gern für Familie und Freunde kocht.

Die Küchenschränke haben cremefarbene Hochglanzfronten, die Arbeitsplatte besteht aus Basalt. Creme und Dunkelgrau - dieser Farbkombination begegnet man im Haus immer wieder. Ebenso den satinierten, bedruckten Glasscheiben, die Almut Felsenstein selbst entwirft. Hinter dem Gasherd hängt als Spritzschutz eine Glasplatte, die mit der vergrößerten Maserung eines aufgeschnittenen Rotkohls bedruckt ist. Die Fenster von Keller, Gäste- und Kinderbad sind ähnlich künstlerisch gestaltet. Wohnraum und Essecke sind mit handgehobelten Dielen aus Räuchereiche ausgelegt. "Ziehen Sie mal die Schuhe aus, das ist ein haptisches Erlebnis", ermuntert einen die Hausherrin und geht selber auf Nylonstrümpfen übers Holz. Auch der vier mal vier Meter große cremeweiße Teppich aus Schurwolle - auf dem der Couchtisch, ein graues Sofa und zwei klassische Barcelona Chairs stehen - fühlt sich angenehm an.

Für viel Licht im Wohnzimmer sorgen raumhohe Glasflügeltüren, die die gesamte Südseite des Raumes einnehmen, sowie zwei weitere große Fenster an der westlichen Wand. "Der Bezug zum Garten war uns wichtig", sagt Almut Felsenstein. Ein Blick nach draußen zeigt, dass das auch für ihr altes Haus gilt: Unter einer Tanne steht ein Vogelhäuschen, das dem Ursprungsbau nachempfunden ist. Es besitzt das charakteristische Spitzdach und ist mit Schindeln gedeckt - ein Geburtstagsgeschenk der Hausherrin an ihren Mann.

Was im "echten" Haus anstelle des Spitzdachs entstanden ist, sieht man, wenn man der Hausherrin die alte Holztreppe hinauf in den ersten Stock folgt. Zunächst kommt man in einen offenen Arbeitsraum mit zwei Schreibtischen. Von dort aus geht es über eine moderne Metalltreppe, deren Handlauf dem originalen angepasst ist, ins Staffelgeschoss, wo die Kinder wohnen. Außerdem gelangt man vom Arbeitszimmer aus ins Gästezimmer, Kinderbad und Bad der Eltern. Hier, sagt Almut Felsenstein, sei ein weiterer zentraler Punkt des Hauses. "Es kommt oft vor, dass wir hier alle stehen und uns gemeinsam die Zähne putzen."

Das mag an der schönen Ausstattung liegen: Auch hier ist der Fußboden, wie im gesamten Obergeschoss, mit Räuchereiche ausgelegt, Wände und Duschnische sind mit beigefarbenem, offenporigem Travertin gefliest. "Das soll die Farbigkeit der Solnhofer Fliesen von unten aufnehmen", sagt Almut Felsenstein. Sie legt nicht nur bei Farben und Materialien Wert auf Einheitlichkeit. Auch bei Lichtschaltern, Dimmern und Deckenspots fällt auf, dass alle quadratisch sind. Das erzeuge Harmonie.

Vom Bad aus erreicht man das Elternschlafzimmer. Raumhohe Glastüren lassen viel Helligkeit hinein. Das Zimmer liegt über dem Wohnzimmer, die Fassade springt jedoch zurück. So ist ein Balkon entstanden, der sich über die gesamte Breite des Hauses erstreckt. Dort stehen - in quadratischen cremefarbenen Kübeln - zwei japanische Zierahorne. "Das sind meine Schmuckstücke, selbst gezüchtet", sagt Felsenstein, die eine Zeit in Japan gelebt hat.

Dann bittet sie auf die Terrasse, um auf die besonderen Fensterelemente hinzuweisen, mit denen sie das Haus - im Erdgeschoss und oben im Staffelgeschoss - ausgestattet hat. Sie sind in einen kompletten Fassadenteil eingespannt, zu dem auch Schiebegitter aus Metall gehören. Diese können als Sonnen- oder Sichtschutz verwendet werden und sind in einem warmen Rostbraun lackiert. Im Herbst entspricht dieser Farbton dem Laub der Rotbuche vor dem Haus - wieder eine Harmonie, die dem ästhetischen Empfinden der Bauherrin geschuldet ist.