Bei der Erweiterung von Altbauten unter Denkmalschutz ist architektonische Klarheit gefragt.

Anbauten aus Stahl und Glas, loftartige Dachetagen oder moderne Kontraste bei Denkmälern: Altbausanierung kennt viele Spielarten und Experimente. Doch einige Architekten schießen über das Ziel hinaus, wie der Bundesverband Altbausanierung kritisiert: "Weil sie eine Marke im Stadtbild setzen wollen, überlagert das Neue oft den historischen Ursprung des Alten, zu dem sie ohnehin oft keine Beziehung haben", sagt Verbandschef Ulrich Zink.

Tipps zur Planung einer idealtypischen Sanierung liefert er gleich mit: Dazu zählen die detaillierte Gebäude-Analyse, eine auf die alte Bausubstanz abgestimmte Wahl der Materialien und ein Entwurf, der - im Rahmen behördlicher Auflagen - "das Alte und Neue gelten und in einen Dialog treten lässt".

Sensibel hat sich zum Beispiel die Architektin Ingrid Jensen an die Sanierung und Modernisierung eines fünfstöckigen Mehrfamilienhauses in Altona gemacht. Nach der Gebäudeanalyse - gute Bausubstanz, Altersschäden - stand ihr Sanierungsplan fest: Mauern, Wände und Decken wurden aufgearbeitet und verputzt, alle Elektro- und Wasserleitungen neu verlegt und eine moderne Heizungsanlage installiert. Ur-Elemente wie Stuck oder historische Fliesen und Holzdielen blieben jedoch erhalten. "Das war vom Bauherrn gewünscht und auch im Rahmen des Budgets die beste Lösung", sagt Jensen.

Das Dachgeschoss dagegen ist eine Referenz an die Moderne. Ziel war es, ein Maximum an neuem Wohnraum zu schaffen, gleichzeitig sollte sich laut Vorschrift im Bebauungsplan das Geschoss optisch harmonisch in die Umgebung einfügen. Ingrid Jensen zog das Dachgeschoss auf sechs Meter hoch und schuf durch eine Zwischendecke ein Penthaus von 125 Quadratmetern. Zusätzlicher Raum entstand durch den Bau eines Flachdachs zum Hinterhof.

Dunkler Parkettboden, schneeweiße Wände und moderne Einbauten lassen von innen keinen Rückschluss mehr auf die historischen Wurzeln des Gebäudes zu. Dass sich der Aufbau von außen aber perfekt in die Häuserzeile integriert, liegt auch an der Anordnung der Fenster. Jensen: "Die haben wir in Höhe und Stil dem Verlauf der historischen Front angepasst und so ein harmonisches Bild geschaffen."

Anders ging dagegen vor zwölf Jahren der Architekt Andreas Edye bei einer herunter gekommenen, 1880 erbauten Villa in bester Alsterlage vor. Dabei schuf er eines der zeitweise am heißesten diskutierten Bauwerke der Stadt: In den Fokus geriet der zweigeschossige Glaskubus, den Edye auf das Flachdach eines neuen Anbaus installiert hatte.

"Anfangs gab es auch viel Ablehnung. Der Kontrast war vielen damals ein Dorn im Auge", erinnert sich Edye. Mittlerweile aber erntet er eher Begeisterung für den Stilmix. Der war von oberster Stelle vorgeschrieben worden: "Das Denkmalschutzamt forderte einen modernen Kontrast und damit architektonische Klarheit", sagt Edye. "Statt den historischen Ursprung zu verwässern, haben wir ihn so hervorgehoben." Auch im Innern verstärkt der Neubau die Wirkung der alten Elemente - darunter allegorische Malereien und aufwendiger Deckenstuck -, die Edye denkmalgerecht instand setzen ließ. "Es geht darum, Wertvolles zu bewahren und neu erstrahlen zu lassen."

Der gleiche Gedanke liegt auch der Sanierung des "Palais Averhoff" auf der Uhlenhorst zugrunde. Unter dem Motto "Denkmal und Moderne" verwandelt die Behrendt Wohnungsbau KG das einstige, 1907 errichtete Verwaltungsgebäude derzeit in eine Wohnanlage.

Der Charme der Jahrhundertwende bleibt dabei erhalten - dank Auflage vom Denkmalschutzamt -, indem der Eingangsbereich mit seinen Figuren und gotischen Stilelementen, die Halle und das Treppenhaus sorgfältig renoviert werden. "Diese Pracht strahlt auf das ganze Gebäude ab und ist ein echter Glücksfall", sagt Projektmanager Mark-Oliver Abend.

Der Ausbau der historischen Kulisse in 25 Wohnungen - Einheiten zu Preisen ab 274 000 Euro sind noch zu erwerben - kam dagegen einem Neubau gleich: Hohe Decken und Rundbogenfenster im alten Stil, moderne Bäder und Küchen sowie Holzböden mit Fußbodenheizung verbinden das Flair der Vergangenheit mit heutigem Komfort.

Da das Gebäude bereits über eine Stahlbetondecke verfügte, kam der Baustoff auch bei der Sanierung zum Einsatz. Kalksandstein-Wände zwischen den Wohnungen gewährleisten Lärmschutz, Rigips-Wände sorgen für flexible Gestaltung der Grundrisse. Im Neubau, der das Gebäude zum Winterhuder Weg hin ergänzt, befinden sich im 3. und 4. Obergeschoss 13 großzügig geschnittene Maisonette-Wohnungen und Apartments mit Dachterrasse.

Eine Glasmauer zwischen den Gebäuden setzt das Denkmal bewusst von der Moderne ab. Auch die dunkelroten Ziegel des Neubaus sind eine optische Zäsur. Es wirkt fast poetisch, wie sich das neue Gebäude um das Denkmal legt - und es beschützend mitnimmt in eine neue Zeit.