Gutachten über geschützte Gebäude kosten Zeit und Geld. Zum Ärger von Eigentümern und Erben

Der Rat des Maklers schien vernünftig. "Besorgen Sie sich doch eine Abrissgenehmigung. Dann können Sie das Grundstück besser verkaufen." Doch damit begann für die Erbengemeinschaft eine monatelange Auseinandersetzung mit dem Landesamt für Denkmalpflege in Kiel. Die Stadt Reinbek, wo das Gebäude stand, hatte sich an das Landesamt gewandt, da es sich um ein altes Gebäude handelte und man Bedenken wegen der Abrissgenehmigung hatte. "Wir sprechen bei dem Gebäude von einem ursprünglichen Wolgaster Holzhaus aus den 20er-Jahren - eines der ersten Fertighäuser überhaupt. Ein solches Haus wurde in Kiel als erhaltenswert befunden und frei nach Aktenlage, ohne eine Besichtigung vor Ort, umgehend unter Schutz gestellt", sagt Rechtsanwalt Gero Tuttlewski von der Kanzlei Klemm und Partner. Er vertrat die Erben. Denn diese waren mit dem Verdikt des Denkmalschutzamtes nicht einverstanden, war das Haus doch im Laufe der Jahrzehnte mehrfach umgebaut worden.

"Eigentümer sind Laien und können mit den Denkmalschützern nicht auf Augenhöhe argumentieren", sagt Tuttlewski. In der Regel sei man deshalb gezwungen, sich Rechtsbeistand zu holen, der wiederum einen Gutachter beauftragen müsse. "Solche Auseinandersetzungen sind stets auch welche zwischen den Sachverständigen." Aufgrund des Gutachtens machte sich der zuständige Kieler Sachbearbeiter schließlich auf den Weg nach Reinbek, um dort einzuräumen, dass er sich geirrt habe und einem Abriss des Gebäudes nichts im Weg stehe. Doch da war fast ein Jahr ins Land gegangen.

"Die Zeitachse ist das eigentliche Ärgernis bei solchen Auseinandersetzungen", sagt auch Sun Jensch, Geschäftsführerin beim Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW). Zeit koste Geld, zumal wenn ein Gutachten in Auftrag gegeben werden müsse und wenn die Sache dann bis zum Verwaltungsgericht gehe. Doch meistens einigen sich Eigentümer und Denkmalschützer vorher. "Wir haben hier in Hamburg ausgesprochen gute Erfahrungen gemacht", sagt Heinrich Stüven, Vorsitzender des Grundeigentümer Verbandes Hamburg. In der Regel gelinge es, gemeinsame Lösungen zu erarbeiten. Hinzu komme, dass viele Eigentümer stolz darauf seien, ein denkmalgeschütztes Haus zu besitzen und bereit seien, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um es zu erhalten.

Seitdem das Hamburger Denkmalschutzamt allerdings auch eine Liste mit erkannten Denkmälern erarbeitet hat, bei denen noch kein formelles Unterschutzstellungsverfahren eingeleitet wurde, nehmen Denkmalschutzstreitigkeiten zu, sagt Anwalt Tuttlewski. "Zunehmend Häuser aus den 50er- und 60er-Jahren geraten in den Fokus der Denkmalschützer." Will ein Eigentümer Baumaßnahmen an einem erkannten Denkmal durchführen, muss er darüber spätestens vier Wochen vorher schriftlich das Amt informieren. "Und dann leitet dieses sofort das Unterschutzstellungsverfahren ein", so Tuttlewski. So kann der Denkmalschutz verhindern, dass Häuser ohne sein Wissen verändert oder gar abgerissen werden. Heinrich Stüven begrüßt dieses Verfahren: "Schließlich lebt eine Stadt auch von der Schönheit seiner Gebäude."

Auch Anwalt Tuttlewski hat Verständnis für die Belange des Denkmalschutzes, wenn diese denn berechtigt sind: "Wenn jemand Fenster in ein Gebäude einsetzen will, die den Charakter des Hauses zerstören, bin auch ich auf Seiten des Denkmalschutzes." Kollidiere das öffentliche Erhaltungsinteresse aber mit dem wirtschaftlichen Interesse des Eigentümers, habe letzterer zunächst die schlechteren Karten, erklärt Tuttlewski. "Die privaten Belange des Eigentümers spielen erst einmal keine Rolle, auch wenn sie wirtschaftlich sinnvoll erscheinen."

Beispiel Fassadendämmung: Zwar sind denkmalgeschützte Gebäude von Wärmedämmmaßnahmen befreit, aber häufig sind diese im Interesse der Bewohner sinnvoll. Durchfeuchtete Fassaden, wie sie häufig an Gebäuden aus der Vor- und Nachkriegszeit zu finden sind, müssen behandelt werden. In Hamburg kommt noch die Problematik der Backsteinfassaden hinzu, die der Denkmalschutz unbedingt erhalten möchte.

Eine denkmalgerechte Sanierung kann sehr teuer werden. Billige Varianten aber verschandeln das Stadtbild und sind nicht im Interesse des Denkmalschutzes. So wurden in Dulsberg die denkmalgeschützten Laubenganghäuser an der Oberschlesischen Straße in mehreren Bauabschnitten mit unterschiedlichen technischen Methoden saniert. Überzeugen konnte nur die aufwendigste. Sie aber war in dieser Form nur möglich, weil 700 000 Euro an Bundesmitteln für die Sanierung zur Verfügung standen. "Ein Ausnahmefall, der für Privateigentümer ohne praktische Bedeutung ist", moniert Sun Jensch.