Alle Möbel der Arbeitsgemeinschaft des Kunsthandwerks Hamburg sind Auftragsarbeiten, entstanden im Dialog mit Kunden

Möbel sollen ein bisschen schlau sein und mehr können, als sie am Anfang preisgeben, sich durch Bewegung verändern oder überraschende Innenräume offenbaren. Diesen Anspruch stellt die Möbeltischlerin und Künstlerin Hendrike Farenholtz an ihre Möbel, wenn sie ans Werk geht. Ihre Schränke, Tische, Pulte, Regale und Bänke fallen durch klare, reduzierte Formen auf, durch Einfallsreichtum im Detail und edle Verarbeitung der Materialien.

Der Satz der Künstlerin "Sie sollen kostbar sein, auf den zweiten Blick" ist ein Understatement, denn sie sind schon auf den ersten Blick kunstvoll. Gleichwohl offenbaren sich mit dem zweiten Blick meistens eine Reihe überraschender Details. Besonders haben es der Künstlerin Schränke angetan, bieten sie doch geradezu architektonische Möglichkeiten der Gestaltung. "Schränke sind auch von innen spannend", sagt Hendrike Farenholtz.

Ihr "Klassiker" ist der Treppenschrank (großes Foto), den sie in den vergangenen 15 Jahren in vielen Varianten gebaut hat. In der Treppe befinden sich Schubladen, hinter den Türen verbergen sich Fächer. "Alle Möbel sind Auftragsarbeiten, die im Diskurs mit dem Kunden entstanden sind", sagt Hendrike Farenholtz. Bei einem Möbel spiele dessen Funktion eine wichtige Rolle. Was soll in einem Schrank aufbewahrt werden? "Die Mitarbeit des Kunden ist schon in der möglichst präzisen Formulierung, was das Möbel inhaltlich können soll, erforderlich."

Gemeinsam mit der Möbeltischlerin und Künstlerin Ragna Gutschow betreibt Hendrike Farenholtz eine Werkstatt in Hamburg - und beide arbeiten auch als eigenständige Künstlerinnen.

Ragna Gutschows Möbel sind auffallend, ohne sich aufzudrängen. Die Künstlerin legt Wert darauf, dass sie sich im täglichen Gebrauch bewähren. "Sie sollen äußerlich schlicht und nicht zu modisch sein", beschreibt sie ihren Stil. "Nur so bleiben sie für längere Zeit aktuell." Auch Ragna Gutschow baut Möbel, die sich nicht nur ästhetisch in einen Raum einordnen, sondern die auch funktional auf die Bedürfnisse ihrer Kunden zugeschnitten sind. So fertigte sie aus Birnbaum einen Würfelschrank (5800 Euro) an, der von drei Seiten zugänglich ist und in dem der Eigentümer alle ihm wichtigen Utensilien aufbewahren kann. Beschläge für ihre Möbel fertigt die Künstlerin oft gemeinsam mit ihrer Schwester, einer Silberschmiedin. Auch Ragna Gutschow faszinieren das Innenleben und die Variabilität der Schränke. "Teilweise arbeite ich auch mit Intarsien - allerdings nur auf den Böden der Schubkästen."

Hendrike Farenholtz und Ragna Gutschow gehören zur Arbeitsgemeinschaft des Kunsthandwerks Hamburg, in der auch Kunsthandwerker anderer Gewerke organisiert sind. "Eine Jury bestimmt, ob ein Kunsthandwerker sowohl die handwerklichen als auch die künstlerischen Voraussetzungen erfüllt, aufgenommen zu werden", sagt die AdK-Vorsitzende Cornelia Woitun. Sie ist Keramikerin.

Auch die Holzbildhauermeisterin Almut Andersson ist Mitglied. Sie hat ihr handwerkliches Können unter anderem als wandernde Gesellin in Schweden und Russland erworben. Gemeinsam mit ihrem schwedischen Mann Benny baut sie auch Möbel. "Wir arbeiten viel mit geschnitzten Elementen", sagt Almut Andersson. Ihre Kunden wünschten sich Schränke mit geschnitzten Türen, Lehnen oder Beinen für Bänke und Tische - sei es in freier Gestaltung oder mit Ornamenten. Aktuell arbeitet die Bildhauerin an einer Bank, deren geschnitzte Teile der Natur nachempfunden sind. "Der Kunde hat eine von mir geschnitzte Hohlform gesehen und wollte mit diesem Muster eine Bank haben", sagt Almut Andersson.

Die AdK-Künstlerinnen zeigen ihre Möbel auch auf Ausstellungen - beispielsweise auf dem Weihnachtsmarkt im Museum für Kunst und Gewerbe. "Hier verlieben sich Besucher in ein Stück und wollen es nachgebaut haben", sagt Hendrike Farenholtz. Das sei ihr durchaus lieb, denn ein Neuentwurf sei stets mit einem großen Aufwand verbunden. Außerdem gefalle es den Erstauftraggebern, wenn "ihr Stück" auch andere anspreche. Eine Kopie eins zu eins würde selten gebaut, weil jeder Kunde spezielle Bedürfnisse und Vorstellungen habe.

Hinzu kommt, dass die Beziehung zum Material Modeströmungen ausgesetzt ist. "Lange Zeit habe ich sehr viel mit Birnbaum gearbeitet", sagt Hendrike Farenholtz. "Es ist ein warmes, eher gediegenes Holz, aber sehr wohnlich. Aber es passt nicht in jeden Raum, und es gibt auch jüngere Kunden, denen Birnbaum nicht frisch genug ist." Einige Kunden lassen sich zu einem vorhandenen Schrank einen passenden Tisch mit Stühlen oder andere Möbeln entwerfen, fügt Ragna Gutschow hinzu. Sie habe schon ganze Wohnungen eingerichtet. Das koste aber Zeit, denn die Künstlerinnen arbeiten ohne Angestellte. Jedes Stück wird von ihnen selbst gebaut.

www.adk-hamburg.de