Wände und Decken aus Beton sind bekannt. Eine neue Optik im Raum bieten Möbel aus dem Material

Wer hätte das gedacht? Beton, der triste graue Baustoff, hat sich einen neuen Einsatzort erobert. In Form von Küchenarbeitsplatten oder Waschtischen, Regalen, Esstischen oder Sesseln hält er Einzug in Küchen, Bäder und Wohnzimmer. Das Design der Möbel ist puristisch und dem Material angemessen. Die Oberfläche hat mit der rauen Beschaffenheit von einst nichts mehr zu tun: Sie ist geschliffen und poliert, geölt oder gewachst und fühlt sich weich und samtig an.

"Betonmöbel signalisieren Individualität und zeitlose Klasse", sagt Betondesigner Henning Harr. Er hat den Baustoff als Junge im elterlichen Betonwerk kennengelernt. Nach einer Ausbildung zum Betonbauer und einem Architekturstudium fertigt er nun in Hamburg Möbel aus dem Material an - für Privatkunden, aber auch für Innenarchitekten, die im Ladenbau tätig sind. "Beton kann in fast jede Form gegossen werden", sagt Harr. Die dafür benötigten Schalungen baue er selbst. Auch die Betonmasse wird nach seiner Rezeptur angerührt - aus Zement, Wasser, Sand und Kies. "Nach dem Gießen muss Beton mehrere Wochen aushärten. Dabei lagern sich Sand und Kies mittig ab", sagt Harr. "Die Oberfläche wird aus einer Schicht gebildet, die nur aus Zement und Wasser besteht. So entsteht die typische Betonoptik."

Die Färbung liegt je nach Material zwischen weiß und dunkelgrau - der Beton kann aber auf Kundenwunsch auch mit Farb- oder Eisenoxidpigmenten angereichert werden. Nach dem Aushärten schleift und poliert Harr die Oberfläche, danach reibt er sie mit Steinöl ein, sodass sie schließlich an die Beschaffenheit von Speckstein erinnert. Je nach Komplexität benötigt der Designer für die Anfertigung eines Möbelstücks vier bis acht Wochen.

Auch der Preis hängt vom Aufwand ab. Eine massive 1,25 Meter lange Beton-Bank kostet etwa 1200 Euro, das Modell Bench01, das aus Holz- und Betonscheiben zusammengesetzt ist, wird ab 2390 Euro angeboten.

Die Firma Stayconcrete mit Sitz in Arnsberg stellt Serienmöbel aus massivem Beton her. Verantwortlich für das Design ist Isabelle Nöcker. Erstaunlich filigran wirkt ihr Couchtisch Memento (1150 Euro). Auch die stapelbaren, rückwandlosen Würfel der Serie Cubeline sind wegen ihrer Dünnwandigkeit unaufdringlich und vielfältig einsetzbar, beispielsweise als Raumteiler, Regal, Sitzgelegenheit oder Beistelltisch. Die Betonelemente können je nach Wunsch mit Holz- oder Metallwürfeln kombiniert werden (ab 190 Euro pro Element). Das Sideboard Sandwich wiederum präsentiert sich mit einem Schubladen-Korpus zwischen zwei Betonplatten, der in unterschiedlichen Höhen und Fronten aus Holz oder Metall erhältlich ist (4200 Euro). Je nach Größe können Möbel aus massivem Beton ziemliche Schwergewichte sein.

Weniger schwer, aber auch weniger authentisch sind Möbel aus Glasfaser- oder Leichtbeton. Das Lauenburger Unternehmen Die Betonköpfe stellt Küchen-, Bad- und Wohnzimmermöbel her, die optisch kaum von "echten" Betonmöbeln zu unterscheiden sind.

Der verwendete Beton enthält drei Prozent Glasfaser - das macht ihn biegsam und bruchfest. Die Wände der Möbel sind trotz einer Materialstärke von nur 15 Millimetern extrem stabil. Sind sie hohen Belastungen ausgesetzt, wie Tischbeine oder Sitzmöbel, erhalten die ansonsten hohlen Werkstücke zur Verstärkung ein inliegendes Metallgestell. Trotzdem bleiben sie einigermaßen transportierbar. Der wuchtige Sessel mit den prägnant-schrägen Armlehnen zum Beispiel nimmt fast einen Quadratmeter ein, wiegt aber nur 70 Kilogramm. "Aus massivem Beton wäre er zwei Tonnen schwer", sagt Betonköpfe-Geschäftsführer Siegfried Wernich.

Ausgestattet mit einem roten Lederpolster lädt der Sessel zum Reinlümmeln ein - und obwohl das Material kühl anmutet, fühlt es sich warm an. "Ebenso wie Beton nimmt auch Glasfaser-Beton die Raumtemperatur an", sagt Wernich. "Steht der Sessel in einem Zimmer mit Fußbodenheizung, wärmt er sogar, denn sein Hohlraum speichert die Temperatur." Das Möbel kostet 2600 Euro. Eine preisgünstigere Sitzgelegenheit ist ein kubischer, 40 mal 40 Zentimeter großer Hocker (490 Euro). Versehen mit nach innen versetzten Rollen "schwebt" er zehn Zentimeter über dem Boden und ist bei einem Gewicht von 24 Kilo einfach hin- und herzuschieben. Leichter (15 Kilo) ist der gleich große Hocker Cube von Günter Peterhoff, der unter dem Namen "Form in Funktion" ebenfalls Glasfaser-Betonmöbel herstellt. Cube besitzt keine Rollen und kann daher auch als Beistelltisch eingesetzt werden. Er ist in sechs natürlichen Standardfarben erhältlich und kostet 360 Euro.

Aus Zement, Sand, Granit und Naturfasern bestehen die Leichtbetonmöbel, die der Hamburger Toni Thiel in seinem Einrichtungsgeschäft im Sortiment hat. Ihre Oberflächen wurden nach alter venezianischer Poliertechnik bearbeitet. Einen quadratischen Tisch mit den Maßen 80 mal 80 Zentimeter gibt es wahlweise in Esstischhöhe (76 Zentimeter), als Coffeetable (43 Zentimeter) und als Loungetisch (23 Zentimeter). Als "Fuß" dient jeweils eine eckige Säule. Die Tische kosten zwischen 479 und 749 Euro, Sitzhocker mit den Maßen 35 mal 35 Zentimeter liegen bei 119 Euro pro Stück.

www.harr-beton-design.de

www.stayconcrete.com

www.gutes-design.com

www.forminfunktion.de

www.toni-thiel.de

Entdecken Sie Top-Adressen in Ihrer Umgebung: Möbel in Hamburg