Das besondere Objekt: Als Denkmal erkannte Villa in Othmarschen aus der Kaiserzeit

"Erbaut im Stil der Gründerzeit." So werden Häuser, die in der Kaiserzeit entstanden, häufig beschrieben. Dieser Baustil gefiel auch dem Schriftsteller Otto Ernst, der 1903 eine 1888 erbaute Villa in Othmarschen kaufte, die nun für 1,65 Millionen Euro zum Verkauf steht. In seinem Buch "Appelschnut" machte er sie unsterblich. An dieser als Denkmal erkannten, mit Schiefer gedeckten Villa, lassen sich die Besonderheiten des neo-romantischen Bautypus ablesen. Wie zu der Zeit üblich, befindet sich die große Küche im Souterrain - damals beschäftigte man noch Personal und Köchinnen. Ebenfalls im Untergeschoss sind Badezimmer und Waschküche und in einem separaten Raum die Öltanks der Ölzentralheizung, die 2003 neu installiert wurde.

Im Erdgeschoss liegen die damals als Gesellschaftsräume bezeichneten Zimmer. Dabei handelt es sich um einen Empfangsraum, ein Billardzimmer, eine Bibliothek sowie ein Esszimmer und einen Salon. Die beiden letzten Zimmer sind durch eine schöne Schiebetür verbunden. Überhaupt sind noch viele dekorative Elemente aus der Bauzeit erhalten, seien es die Stuckelemente, der Terrazzoboden im Vestibül oder die Fliesen in der Küche. Auf dieser Etage beträgt die Raumhöhe 3,50 Meter.

Im Obergeschoss, wo die Wohn- und Schlafzimmer der Familie lagen, befinden sich auch heute noch drei große Zimmer. Auf dieser Etage gibt es jetzt außerdem noch ein Badezimmer und eine kleine Küche. Die Decken sind hier noch 3,45 Meter hoch.

Zwei weitere Zimmer im Dachgeschoss waren zur Bauzeit des Hauses als Unterkunft für die Dienstmädchen geplant. An diese strenge Raumordnung hält sich heute kaum jemand, was das Wohnen in einer neo-romantischen Villa noch angenehmer machen dürfte als zu Zeiten von Otto Ernst.

Die Gesamtwohnfläche des Hauses beträgt etwa 320 Quadratmeter, das Grundstück ist 1460 m² groß. Obwohl das Haus sehr solide gebaut wurde - die Außenmauern haben eine Tiefe von 44 Zentimeter - sind umfangreiche Renovierungsarbeiten erforderlich.

Zwar werden viele Altbauten als Villen der Gründerzeit bezeichnet, doch eigentlich gibt es den "gründerzeitlichen Stil" gar nicht. Vielmehr bringt dieser Begriff eine Reihe von Stilarten auf einen Nenner, die eines gemeinsam haben - das Präfix "neo". Kirchen und Verwaltungsgebäude baute man im neogotischen Stil, das Hamburger Rathaus wurde im Neo-Renaissance-Stil errichtet, andere Bauherren entschieden sich für neoklassische oder neobarocke Formen. Man baute im Stil des Historismus.

In der Gründerzeit nach dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71, in der Technik und Naturwissenschaften ständig Neuland eroberten, orientierten sich die Architekten an vergangenen Vorbildern. Selbst die Fassaden schlichter, mehrgeschossiger Mietshäuser wurden mit ausladenden, historisierenden Schmuckelementen verziert. Es ging den Bauherren, oft lokale Handwerker und Bauunternehmer, nicht um stilistische Klarheit - vieles passte nicht recht zusammen. Die Fassade versprach vielmehr eine Qualität, die das Haus oft nicht bot. Erst mit dem aufkommenden Jugendstil, Ende der 1890er-Jahre, wurden die Fassaden wieder einer einheitlichen Stilsprache unterworfen. Konsequenter in der stilistischen Formensprache waren die Erbauer von Villen, die mit der wirtschaftlichen Entwicklung überall in und um Hamburg errichtet wurden.

In Othmarschen, Bergedorf und anderen Stadtteilen entstanden Villenviertel, in denen sich das wohlhabende Bürgertum niederließ. Viele Villen wurden im neo-romantischen Stil mit Turm, Erkern und Fachwerkelementen erbaut und wirkten wie kleine Kopien mittelalterlicher Burgen. Speziell norddeutsche Elemente wiesen sie nicht auf, anders als die im Heimatschutzstil erbauten Wohnhäuser im frühen 20. Jahrhundert. Das Bürgertum, kaiserbegeistert, richtete sich wie der Adel ein. Neo-Romantik gefiel.