Häuserfassaden mit Kletterpflanzen sehen nicht nur schön aus, sie tragen auch zum Klimaschutz bei

Hundert Jahre alte Villen tragen oft einen dicken, grünen Mantel aus Efeu oder Wildem Wein. Damit stechen sie aus der Nachbarschaft unbekleideter Gebäude hervor. Der Bewuchs gibt ihnen ein ehrwürdiges Aussehen. Und er stellt sie in eine Reihe mit britischen Herrenhäusern und amerikanischen Eliteuniversitäten. So gehören Harvard, Yale und Princeton der sogenannten "Ivy League" an, zu der sich die ältesten Universitäten der USA zusammengeschlossen haben. Der Name bezieht sich unter anderem auf die mit Efeu (= engl. Ivy) bewachsenen historischen Gebäude.

Seit mehr als 300 Jahren begrünen Gärtner Fassaden mit Kletterpflanzen. Zu einer richtigen Mode wurde dies um 1900, als es Baumeistern wie Hermann Muthesius und Adolf Loos darum ging, Natur und Architektur miteinander zu verbinden.

Heutzutage spricht vor allem der globale Klimawandel dafür, möglichst viele Häuser mit Pflanzen zu versehen. Treibhausgase wie Kohlendioxid gelten zwar als Hauptursache für die stetige Erwärmung der Erdatmosphäre. Doch die Verdunstung der Vegetation wirkt sich entscheidend positiv auf das Klima aus. Ein einfacher Vergleich macht das deutlich: Grünflächen nutzen etwa 80 Prozent der Energie aus der Sonneneinstrahlung, um Wasser über ihre Blätter zu verdunsten. Dagegen strahlen versiegelte Flächen diese Energie zu rund 90 Prozent als Wärme ab.

Jeder hat schon einmal erlebt, wie angenehm die Luft nach einem Sommergewitter abkühlt, weil Wasser, das verdunstet, der Umgebung Energie entzieht. Eben diese Verdunstungskälte entsteht auch an heißen Tagen an der Oberfläche von Blättern. Blauregen zum Beispiel, der mithilfe kräftiger Rankhilfen die Fassade eines verglasten Bürohauses erklimmt, kann erheblich zur Kühlung des gesamten Gebäudes beitragen. Das macht nicht nur den Einsatz von Stromfressern unnötig, es verbessert auch das Klima - wie jeder Straßenbaum und jedes begrünte Dach im Übrigen auch.

Private Hausbesitzer haben hingegen häufig Vorbehalte gegenüber Kletterpflanzen. Sie befürchten, dass die Mauerfugen dadurch in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. Doch das ist nur der Fall, wenn diese rissig sind. Besondere Aufmerksamkeit ist daher bei Pflanzen angebracht, die ohne Rankgerüst auskommen, weil sich ihre Wurzeln am Mauerwerk festhalten. Dazu gehört der Wilde Wein, dessen Laub im Herbst in einem Feuerwerk von Rottönen lodert. Er wird bis zu 15 Meter hoch. Seine Wurzeln haften sogar noch an sehr glatten Oberflächen. Auch Efeu und die Kletterhortensie krallen sich mit Wurzeln an den Wänden fest. Auf der Suche nach Halt wachsen ihre Triebe vom Licht weg und zwängen sich in dunkle Ritzen. Brüchiges Mauerwerk muss daher saniert werden, bevor sich die Pflanzen entfalten dürfen.

"Ist die Fassade aber in Ordnung, schützt der Bewuchs den Klinker sogar vor der Verwitterung", sagt Sönke Zorn, Bauleiter bei der Borgmann Garten- und Landschaftsbau GmbH aus Rellingen. Wichtig sei, dass aber Dachüberstand, Fensteröffnungen, Lüftungsschlitze im Mauerwerk sowie die Entlüftung der Dunstabzugshaube freigehalten werden.

Den meisten grünen Aufsteigern hat die Natur jedoch andere Mittel gegeben, mit denen sie vom Boden abheben können. Geißblatt, Schlingknöterich und Blauregen winden sich um einen Halt herum in die Höhe. Klematis und Wein hangeln sich mithilfe von Ranken empor. Kletterrosen und Brombeeren wiederum zwängen ihre Triebe in das Astwerk von Bäumen und Sträuchern. So unterschiedlich die Klettertechniken auch sind, spezielle Rankgerüste bieten den Pflanzen die nötige Stütze. Sie sollten ihren Ansprüchen gerecht werden. Der Blauregen entwickelt im Laufe der Jahre solche Kraft, dass seine Triebe nicht nur Regenrinnen zerdrücken, sondern auch Drahtseile so sehr stauchen können, dass diese aus der Verankerung gerissen werden. Daher fixiert man die Triebe am besten nur seitlich an den Seilen. Kletterrosen hingegen brauchen ein Geflecht von Seilen oder Streben, hinter das sie ihre Triebe klemmen können. Einen guten Überblick über Rank-Systeme findet man unter www.fassadengruen.de