Kontrastfarben bringen mehr Leben in den Wohnraum

Es war einmal eine Wohnlandschaft mit einer Wohnwand in Eiche rustikal und einer Couch, so hoch und so breit, dass sie fast das gesamte Wohnzimmer einnahm. "Trümmer" nennt Ursula Geismann, Trendexpertin des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie, solche Sofas. Und die sind nun nicht mehr gefragt, sagt sie. So sind die neuen Sofas, die auf der Internationalen Möbelmesse IMMCologne in Köln gezeigt wurden, schmale, anmutige und teils sogar filigrane Ruheecken - und daneben steht ein bunter Hocker.

Auffällig sind die Farben, die die Aussteller auf der in Deutschland maßgeblichen Wohnmesse zeigten: Da standen Sofas in kräftigem Lila, Sonnengelb und mit Zebraprint. Auf Nachfrage bekam man die komplette Palette des Regenbogens zu sehen - doch das würde kaum jemand kaufen, waren sich alle einig. "75 Prozent der Käufer stellen sich Anthrazit ins Zimmer", sagt Ralph Röhr, Betriebsleiter bei In Domo unter Berufung auf aktuelle Verkaufszahlen. Andere Händler bestätigen: In deutschen Wohnzimmern stehen vornehmlich weiße, braune und graue Sofas - das bunte wird nur gern im Laden bestaunt. "Aber der Farbtupfen kommt mit Kissen oder einem Hocker in Kiwi, Lila oder Orange dazu", sagt Röhr.

Das Unternehmen Bretz bietet etwa Hocker mit auffälligem Blumenmuster oder in rotem Samt mit Goldstickerei. "Seit Jahren sind bunte Farben Trend, aber es dauert, bis das beim Käufer ankommt. Warum nichts wagen?", fragt Inhaber Hartmut Bretz. "Farbe bringt Energie, Anthrazit steht hingegen für Krise." Daher rät der Designer wenigstens zu farbigen Akzenten auf der unauffälligen Couch. Unter anderem in Kreischpink mit lila Polster ist ein Hocker von Leolux zu haben - mit lackierter Oberplatte funktioniert er auch als Beistelltisch. Möller Design zeigt Sitzsäcke in dickem Strick-Stoff und ließ auf der IMM sogar Geschäftskunden im Anzug darauf sitzen.

Stylisch wie ein gefaltetes Origami sieht der Hocker "Nook" von Vial aus. Weniger bunt, aber aufgrund seiner Aufmachung ein Hingucker ist auch das Sitzkissen von Ronél Jordaan bei Ars Interior: Es sieht einem grauen Stein täuschend ähnlich.

Der Hocker war schon immer eine Einheit mit der Couch. Mal werden die Füße hochgelegt, mal dient er als Tischersatz, mal als zusätzlicher Sitz bei Platznot auf der Couch. Als echtes Sitzmöbel ist er hingegen in Japan Kult, sagt der Möbel-Experte Norman Seidel von der Agentur Tenjikai. "In Japan wird stets auf dem Boden, auf einem Kissen oder kleinen Hocker gesessen", erläutert er. Japanische Firmen wie Takaokaya wollen in Europa nun Holzhocker mit Kissen zum neuen Basis-Möbelstück machen. Trendexpertin Geismann sieht Hocker eher als Möbel , die nur bei Gelegenheit dazugekauft werden. "Sie stehen für Flexibilität. Einen Hocker kann ich von der Wand abrücken, wenn Besuch kommt."