Auch in Hamburg sucht man nach Wegen, Klimaschutz und Sanierung erhaltenswerter Backsteinbauten zu verbinden

Klinkerbauten prägen Hamburgs Gesicht. Viele von ihnen stammen aus den Zwanziger- und Fünfzigerjahren. Gemeinsam mit der gründerzeitlichen Bebauung fallen nach Schätzung des Amtes für Denkmalschutz rund 6000 Gebäude in die Gruppen der denkmalgeschützten Gebäude und der "erkannten Denkmäler" in der Hansestadt. In Zeiten steigender Energiekosten und verschärften Klimaschutzes könnte dieses Erbe zur Last werden, denn energetische Sanierungen sind aufwendig, teuer und nicht immer effektiv.

Um eine Brücke zu schlagen zwischen Denkmal- und Klimaschutz, hat das Denkmalschutzamt Hamburg das EU-Projekt "Co2ol Bricks" initiiert. "Das Projekt läuft über drei Jahre mit 17 Partnern aus neun Ländern rund um den Ostseeraum" sagt Projektkoordinator Jan Prahm, denn schon seit Jahrhunderten komme Backstein als Baumaterial bevorzugt in diesem Raum zum Einsatz, sei damit auch ein verbindendes kulturelles Element.

"Mit Co2ol Bricks setzen wir in drei Bereichen an", sagt Prahm. Zunächst müssten die politischen Rahmenbedingungen und die damit verbundenen Förderrichtlinien optimiert werden. Bislang würden nur konkrete Maßnahmen, nicht aber umfangreiche Konzepte unterstützt. Ebenso wichtig sei die Entwicklung von technischen Lösungen etwa für die Gebäudedämmung. Zu guter Letzt stehe das Thema Wissensvermittlung an, damit die neuen Erkenntnisse auch in die Aus- und Weiterbildung von Architekten und Handwerkern einfließen. "Am Ende der Projektphase werden dann vier sanierte Anschauungsobjekte stehen, eines auch in Hamburg", ist Prahm zuversichtlich.

Viele der Gründerzeitbauten sind ziemlich gut gebaut

Doch auch heute schon werden Altbauten energetisch saniert, was Denkmalschützern, Architekten und Planern bisweilen Kopfzerbrechen bereitet. "Die Substanz von Gründerzeitgebäuden ist im Prinzip ziemlich gut", sagt Joachim Reinig vom Plan-R-Architektenbüro. Er hat bereits zahlreiche Sanierungsprojekte betreut. "Das Hauptproblem sind die Gebäude aus den Zwanzigern des letzten Jahrhunderts und die Nachkriegsbauten, die oft sehr viele Baufehler aufweisen."

Albert Schett vom Denkmalschutzamt Hamburg hebt hervor, dass man zunächst feststellen müsste, was den historischen Wert des Gebäudes ausmache. "Ist es die Fassade, sind es die Fenster oder ist es eine Plastik am Haus? Wenn das geklärt ist, weiß man schon mal, was man nicht tun darf", sagt der Experte. Im ersten Schritt sollte dann die Heizungstechnik betrachtet werden. Hier liege ein Einsparpotenzial von bis zu 40 Prozent der bisherigen Energiekosten, so Schett. Weitere 20 Prozent ließen sich erzielen durch die Reduzierung sogenannter Lüftungswärmeverluste beispielsweise durch undichte Fenster, Türen und Defekte an der Gebäudehülle. Weitere Einsparungen seien dann nur noch mit überproportional hohem finanziellem Aufwand, etwa durch die Dämmung der Gebäudehülle, realisierbar.

Der Denkmalschutzexperte rät, vor jeder Maßnahme einen qualifizierten und von der Hamburgischen Wohnungsbaukreditanstalt (WK) autorisierten Energieberater aufzusuchen. "Man benötigt ein Gesamtkonzept. Nur das Zusammenspiel aller Maßnahmen bringt den Erfolg, sonst wird die Sanierung zum Roulette-Spiel", sagt Schett. Nicht immer wird der Aufwand lohnen. Architekt Reinig sieht die Stadt vor einer Neubauwelle: "Wenn die Kosten für eine Sanierung zu hoch sind, werden auch Gebäude abgerissen. Das haben die Wohnungsbaugesellschaften bereits angekündigt." Einzelgebäude, die unter Denkmalschutz stünden, seien nicht das Problem, wenn der übrige Bestand gute energetische Standards habe. Letztlich zähle die Gesamtbilanz im Klimaschutz. Problematisch seien dagegen die als Denkmal erkannten, unsanierten Gebäude, die zum Teil ganze Wohnquartiere ausmachten.

"Für mich ist es wichtig, Grenzen festzulegen zwischen Gebäuden, die man erhalten möchte und den Beständen, die zur Disposition gestellt werden können", sagt Reinig. Diese Ausdifferenzierung zwischen Denkmal- und Klimaschutz werde es geben müssen. Die energetische Diskussion sei schmerzhaft, aber notwendig.

Einen Rahmen dafür bietet das Hamburger Zentrum für Energie, Bauen, Architektur und Umwelt ZEBAU mit der Veranstaltung "Klimaschutz bei Denkmälern - Energetische Modernisierung im Bestand". Sie findet am 15. April im Museum für Hamburgische Geschichte, Holstenwall 24, statt und hat auch zum Ziel, über Innovationen im Bereich der Dämmung, das EU-Projekt Co2oL Bricks und neue Ansätze für Fördermaßnahmen zu informieren. Jan Gerbitz ist sicher: "An reger Beteiligung wird es bei diesem Programm sicher nicht mangeln."

http://zebau.de/veranstaltungen/