Drei Nachkriegsbauten in Hamm werden in diesen Wochen zu Passivhäusern umgebaut - im bewohnten Zustand

Seit einigen Tagen stehen die Baucontainer, in gut sieben Wochen folgt die Einrüstung der drei Mietshäuser aus dem Jahr 1955 an der Marienthaler Straße. Zu diesem Zeitpunkt sind im Inneren der Häuser die ersten wichtigsten Arbeiten angelaufen für die Umsetzung eines bis dahin für Hamburg einzigartigen Projektes: die energetische Sanierung von Nachkriegsbauten zu Passivhäusern. Und dies im bewohnten Zustand der 26 Einheiten.

Die Maßnahme wird damit vor allem für die Bewohner zu einer Herausforderung. Doch die Vorfreude auf das Plus an Wohnstandard überwiegt offenbar. Mieterin Sabine Mork und ihre Nachbarin Natalie Wedler sind jedenfalls gewillt, eher die Vorteile zu sehen. "Schließlich bekommen wir komplett modernisierte Bäder mit beheizten Handtuchhaltern, schicke neue Balkone und dreifachverglaste Fenster", sagt Sabine Mork. Sie wohnt im sechsten Jahr in dem Nachkriegsbau in Hamm. "Der war bislang eher ein Schandfleck", sagt die 49-Jährige. Auch ihr Bad sei so alt, dass sie schon überlegt habe, es in eigener Regie zu modernisieren. "Ich freue mich, dass dies nun mein Vermieter übernehmen wird", sagt Mork. Dreck und Lärm gehöre bei solchen Maßnahmen dazu, der Frühjahrsputz bliebe ihr so wenigstens erspart.

Angst, dass sie nach der Sanierung die Miete für die gut 52 m² große Wohnung nicht mehr zahlen können, brauchen Sabine Mork und ihre Nachbarn nicht zu haben. "Die gesetzlich zulässige Modernisierungsumlage von elf Prozent jährlich wird in keinem Fall ausgeschöpft, in einigen Fällen wird die Mieterhöhung sogar durch die Heizkostenersparnis aufgefangen", sagt Jan Günther. Er ist Architekt und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Energetische Sanierung AGES, die insgesamt die Maßnahme verantwortet. Sie setzt sich aus drei Architektenbüros zusammen, die als zertifizierte Passivhausplaner im Bereich der energetischen Sanierung bereits viel Erfahrung nachweisen können. "In dieser Größenordnung ist dieses Projekt aber auch für uns eine Herausforderung", sagt Günther.

Umso mehr ist die AGES gemeinsam mit der Bauherrengemeinschaft daran interessiert, dass bei dieser Maßnahme alles nach Plan läuft. "Dort, wo es für die Mieter finanziell eng wird, wurden Lösungen erarbeitet", sagt Günther. Einem Rentner sei beispielsweise ein Dauernachlass bei der Miete eingeräumt worden, und in zwei anderen Fällen, wo Sozialhilfe im Spiel sei, wurden in Abstimmung mit den Ämtern Wohnungen in anderen Häusern der Eigentümer zur Verfügung gestellt. "Auch hat man den Mietern bereits das Recht zugesichert, die Miete während der Maßnahmen um 20 Prozent mindern zu können", hebt Günther hervor.

Schon jetzt kann der zertifizierte Passivhausplaner prognostizieren: Der Heizenergiebedarf für die 26 bestehenden Wohneinheiten wird sich um 95 Prozent verringern. "Die reinen Heizkosten werden sich nach der Sanierung auf nur noch etwa 3,75 Euro monatlich belaufen." Möglich sei dies nur, weil alle Teile der Gebäudehülle - Dach, Fenster, Fassade, Kellerdecke - komplett erneuert bzw. gedämmt werden. Umgestellt werde auch die Heiz- und Warmwasserversorgung der Wohnungen, die zum Teil noch mit Nachtspeicheröfen und Kohle beheizt werden. "Alle Einheiten werden an ein gasbetriebenes Block-Heizkraftwerk angebunden, das außer Strom auch die notwendige Wärme für das Warmwasser, die Zuluftheizung und den neuen Badheizkörper erzeugt", sagt Günther. Die Wärmerückgewinnung übernehme eine kontrollierte Lüftungsanlage, die in jeder Wohnung eingebaut werde.

Dass sich das Projekt sowohl für Mieter als auch Vermieter rechnet, ist laut Günther der WK Hamburg zu verdanken, die umfangreiche Fördermittel zur Verfügung gestellt hat. "Die restlichen Gelder werden überwiegend über die staatliche Förderbank KfW finanziert", hebt der Planer hervor. "Die Zuschusshöhe liegt bei etwa 35 Prozent bezogen auf die Gesamtinvestition von etwa 1,4 Millionen Euro, und bei knapp 50 Prozent bezogen auf die energetischen Maßnahmen." Berechnungen zufolge erhalten die Bewohner im Mittel für etwa 1,80 Euro Mehrkosten je Quadratmeter im Monat Wohnungen mit weit höherem Standard als zuvor. "Die Vermieter wiederum erhalten Einheiten, die mit Balkonen langfristig gut nachgefragt werden", sagt Günther.