Das alte Arbeiterquartier Barmbek wird durch neue, hochwertige Wohnquartiere belebt

Hamburg. Barmbek ist im Kommen. Ein Satz, den man immer öfter hört, der aber "so nicht stimmt", wie Frank Seeger vom Vorstand des Arbeitskreises Hamburger Wohnungsbaugenossenschaften sagt. "Barmbek ist heute schon sehr beliebt. Es gibt eine rege Nachfrage nach Wohnungen - nicht zuletzt, weil es hier noch viele günstige kleine Altbauwohnungen aus den 1920er-Jahren und der Nachkriegszeit gibt, die man ab vier Euro pro Quadratmeter mieten kann."

Die Entwicklung, die durch den "Run" auf Barmbek vorangetrieben wird, begrüßt Seeger, der den Stadtteil als Vorstand der Buchdrucker-Wohnungsbaugenossenschaft wie seine eigene Westentasche kennt, ausdrücklich: "Hier konnte und kann man nach wie vor solide und normal wohnen. Wenn es jetzt in Neubauprojekten wie dem ,Quartier 21' oder dem ,Parklane' auch hochwertige Wohnungsangebote gibt, steigert das nur die Attraktivität des Stadtteils." Die Menschen, die zuzögen, machten den Stadtteil bunter und weckten ihn aus seinem Dornröschenschlaf. Das sei gut, denn homogene Stadtteile seien schnell langweilig.

Eine Einschätzung, die auch Projektentwickler Peter Jorzick teilt. Sein Unternehmen Hamburg Team baut gemeinsam mit Hochtief auf dem Gelände des ehemaligen AK Barmbek das Quartier 21: "Barmbek war noch vor wenigen Jahren ein überalterter Stadtteil. Klar, dass da ein Generationswechsel anstand. Und der ist immer mit einer neuen Kultur verbunden." Die Menschen, die den ehemaligen Arbeiterstadtteil für sich entdeckten, suchten spezielle Angebote wie Kindergärten, Fitness-Klubs oder Restaurants.

Nach Barmbek ziehen meistens junge Familien, darunter auch Besserverdienende, die urban wohnen wollen. Wer sich für eine der 400 Miet- oder Eigentumswohnungen im Quartier 21 entscheidet, muss mit Durchschnittspreisen von 3500 Euro für den Quadratmeter kalkulieren. 80 Prozent der Wohnungen sind bereits verkauft. Die Mieten liegen im Mittel bei elf Euro pro Quadratmeter. Die 700 Wohnungen im Parklane werden zu Quadratmeterpreisen zwischen 3300 und 4500 Euro verkauft. Mit Szene-Vierteln wie Ottensen oder dem Schanzenviertel, die aus einer alternativen Szene heraus entstanden sind, ist Barmbek aber nicht zu vergleichen. Gemeinsam ist ihnen nur die Nähe zur Innenstadt, was neben dem Stadtpark und den Alsterkanälen entscheidend zur neuen Attraktivität Barmbeks beigetragen hat.

"Machen wir uns nichts vor, die sogenannten Szeneviertel sind voll", sagt Peter Jorzick. "Da kann man die eine oder andere eingeschossige Baulücke noch füllen, und dann ist Schluss." Doch auch in Barmbek stehen nur noch wenige Grundstücke für Neubauten zur Verfügung. Das bringt inzwischen auch Bewegung in den Zinshausmarkt, wie Axel Kloth, alleiniger Gesellschafter der J. L. Völckers & Sohn KG, sagt. Er habe schon mehrere der aus Anlagegründen gekauften Wohnhäuser verkauft. Neubau in Barmbek ist dagegen schwierig und nicht billig, betont Frank Seeger. "Wir würden gerne bauen, wenn wir bezahlbare Grundstücke fänden, wo sich eine vernünftige Verdichtung realisieren ließe." Größere Baugrundstücke seien nicht am Markt, beim Neubau laute das Thema also Verdichtung.

Thema für die Wohnungsbaugenossenschaften sei aber die energetische Modernisierung ihrer Bestände. "Durch die positive Entwicklung im Stadtteil nehmen viele Vermieter ihre Bestände wieder bewusster wahr und entwickeln sie neu", sagt Seeger.

Jorzick ist sicher, dass das Quartier 21 positiv auf die Einkaufsmeile Fuhlsbüttler Straße ausstrahlen wird. Auch Frank Seeger sieht erste Veränderungen: "Die Straße war lange Zeit sehr trist, jetzt eröffnen dort immer mehr interessante Geschäfte und Restaurants, die vorher in 'besseren' Stadtteilen zu finden waren." Jorzick sieht hier eine Chance für Geschäfte, die die Mieten in den Szenevierteln nicht mehr bezahlen können.

Die Behauptung, Barmbek werde bei Mieten und Preisen für Eigentumswohnungen eine ähnliche Entwicklung nehmen wie die beliebten Szenequartiere, wie in der jüngsten LBS-Studie angedeutet - hält Axel Kloth, der auch Vorstandsmitglied im IVD Nord ist, für überzogen. "Das, was gern als Gentrifizierung verurteilt wird, ist eine natürliche Entwicklung, die es immer schon gegeben hat." Wohin die Reise gehe, werde man abschließend so oder so erst in zehn oder 15 Jahren beurteilen können, wenn eine gewisse Fluktuation im Stadtteil zu einer Durchmischung der Bevölkerung und zu neuen Trends geführt habe. "Man muss der Entwicklung Zeit geben."