Sonst drohen Streit und Aufteilung des Vermögens

Die Anzahl der Rechtsstreitigkeiten rund ums Erbe nimmt ständig zu. Ursache hierfür sind nicht nur stetig steigende Vermögenswerte, sondern auch der Umstand, dass Verstorbene häufig kein Testament hinterlegt haben. Dadurch tritt nach dem Tode des Erblassers die sogenannte "gesetzliche Erbfolge" nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches ein, die so manche böse Überraschung beinhaltet. Darauf weist Michael Henn, Vizepräsident und geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht (DANSEF) in Stuttgart hin.

In vielen Fällen kann kein Erbe allein über seinen Anteil verfügen

Problematisch sei, dass der Verstorbene in der Regel von mehreren Personen beerbt werde, wodurch die so gefürchteten Erbengemeinschaften entstünden. In diesen Fällen könnte kein Erbe allein über seinen Erbanteil verfügen, sondern er benötige immer die Zustimmung aller Erben. In den meisten Fällen komme es dabei unter den Erben zu Streit, der nicht selten vor Gericht weitergeführt werden müsse.

Grundsätzlich, so führt Henn aus, sieht das Gesetz Folgendes vor: Erben der I. Ordnung, und damit zuerst erbberechtigt, sind die Abkömmlinge des Verstorbenen, "Erblasser" genannt. Hierunter seien die Kinder des Erblassers, auch nicht eheliche, und soweit diese bereits verstorben sind, auch Enkel oder ihre Urenkel zu verstehen. Mehrere Erben derselben Ordnung haben dabei zu gleichen Teilen Anspruch auf das Vermögen, also zum Beispiel drei Kinder zu je einem Drittel.

Sind Erben der I. Ordnung nicht vorhanden, kommt die II. Ordnung zum Zuge. Hierunter fallen die Eltern des Verstorbenen oder deren Geschwister und gegebenenfalls deren Kinder, also die Nichten und Neffen des Erblassers. Sind keine Erben der I. oder II. Ordnung vorhanden, kommt die III. Ordnung zum Tragen, mithin also die Großeltern des Verstorbenen. Da oft bereits nicht mehr lebend, könnte Grundbesitz und sonstiges Vermögen an deren Abkömmlinge, also Vettern und Cousinen des Erblassers und deren Kinder, gehen.

Überlebende Ehegatten haben selten allein Zugriff auf das Erbe

Bei ganz verzwickten Familienverhältnissen können, wenn keine Erben der I. bis III. Ordnung vorhanden sind, auch noch die Urgroßeltern oder gar Ururgroßeltern und deren Abkömmlinge zum Zuge kommen. "Also nur dann, wenn der Verstorbene neben seinem Ehepartner keine Kinder, Enkel, Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen oder deren Kinder sowie Großeltern hinterlässt, erhält der Ehegatte die gesamte Erbschaft allein", warnt Henn.

Zur Verdeutlichung verweist der Experte auf ein Beispiel: Der Erblasser hinterlässt seine Ehefrau, jedoch keine Abkömmlinge. Sein Vater ist bereits verstorben, die Mutter lebt noch. Ferner ist noch ein Bruder vorhanden, während eine Schwester bereits ebenfalls nicht mehr lebt. Sie hinterlässt jedoch zwei Kinder. Hieraus ergibt sich folgende gesetzliche Erbfolge: Es entsteht eine Erbengemeinschaft, bei der die überlebende Ehefrau drei Viertel des Nachlasses erhält, die Mutter ein Achtel, der noch lebende Bruder ein Sechszehntel-Anteil und die beiden Kinder der verstorbenen Schwester (Nichten und Neffen des Erblassers) je ein Zweiunddreißigstel Anteil. Gehört zum Nachlass zum Beispiel Haus- und Grundbesitz, so kann dieser nur mit Zustimmung aller Erben verwertet werden. Angesichts dieses Beispiels rät Henn, die Erbfolge durch ein Testament zu regeln, um den Verbliebenen Streit zu ersparen. In Zweifelsfällen sollten Experten hinzugezogen werden.

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