Ein Hybridhaus vereinigt Wohnungen, Büros und Ateliers unter einem Dach. In Hamburg gibt es schon eins

Die Zukunft ist beweglich: In Wilhelmsburg entsteht derzeit ein Hybridhaus, das Wohnen und Arbeiten zugleich möglich machen soll. "Die doppelte Nutzbarkeit ist das wesentliche Merkmal dieses Hauses", sagt Architektin Gudrun Sack. Sie ist Partnerin im Berliner Architekturbüro Nägeliarchitekten, das die Ausschreibung für das Hamburger Hybridhaus gewann. Es soll als eines von vier Gebäuden auf der Internationalen Bauausstellung (iba) im Rahmen der "Bauausstellung in der Bauausstellung" errichtet werden. Dabei handelt es sich um Gebäude, die etwas über die zukünftigen Formen des Wohnens und Lebens verraten.

"Es gab eine sehr detaillierte Ausschreibung", sagt Sack. "Die Stadt wollte ein derartiges Haus. Wir haben es gleich doppelt hybrid geplant, denn es eignet sich nicht nur zum Wohnen und Arbeiten, sondern bezieht auch den umliegenden Park der iba mit ein. Diese begrünte Fassade soll an eine Warft erinnern", sagt die Architektin. "Sie ist sechs Meter hoch und nur unterbrochen von Glaselementen, die für Licht im Inneren sorgen."

700 m² sind in dem Haus für die Ausstellung der iba reserviert. Im August wird das Haus bezugsfertig sein, dann wird auch die iba dort einziehen. Die oberen beiden Stockwerke hat Nägeliarchitekten zur Kombination von Wohnen und Arbeiten vorgesehen. "Die einzelnen Elemente sind in Form von Waben konzipiert", sagt Sack. "Die kleinste Einheit hat etwa 30 m² mit Bad und Küche. Aber sie kann nach allen Seiten hin erweitert werden und an andere Einheiten andocken, indem Wände verschoben oder entfernt werden."

Das Besondere an diesem Hybridhaus sei die zentrierte Bauweise, erklärt Architekt Manfred Wickert, der die Projektkoordination Hochbau für die Internationale Gartenschau (igs) übernommen hat - die igs gestaltet die Wilhelmsburger Mitte gemeinsam mit der iba. "Dieses Haus ist so flexibel in der Raumaufteilung, weil Sanitäranlagen, Küchen und Treppen mittig im Gebäude angeordnet sind."

Das Hybridhaus ist ein Zukunftskonzept, das der Vorstellung vom kombinierten Leben und Arbeiten entsprechen soll. Die konkrete Umsetzung aber scheitert bis jetzt an den Vorschriften der Baubehörde: "Unser Konzept entspricht einem Ideal - in der Realisierung mussten wir uns entscheiden, ob wir Räume zum Wohnen oder zum Arbeiten bauen wollten", sagt Sack. "Denn es gibt für die jeweilige Nutzungsart unterschiedliche Vorschriften."

"Das Baugesetz unterscheidet deutlich", sagt Sven Erik Dethlefs. "Bäder und Küchen müssen zum Beispiel zum Wohnen bestimmte Mindestgrößen haben, die bei Gewerberäumen kleiner ausfallen können. Büros hingegen brauchen angegliederte Parkplätze und bessere Fluchtwege." Der Hamburger Architekt errichtete bereits vor acht Jahren das erste Hybridhaus in der Hansestadt. Der Bau mit dem Namen "B99" steht an der Bernstorffstraße in Altona - er werde bis heute gleichermaßen zum Wohnen wie zum Arbeiten genutzt, sagt Dethlefs.

"Ich wohnte als Student in einem Loft", sagt der Architekt. "Später hatte ich die Idee, mit B99 dieses Wohngefühl auf ein modernes Gebäude zu übertragen." Dethlefs konzipierte ein Haus mit 2000 m² Nutzfläche und drei Meter hohen Decken. "Bei der Baubehörde deklarierte ich es als Atelier; ich glaube, es ist dort gar nicht aufgefallen", sagt Dethlefs. Vielleicht bekam er die Genehmigung auch, weil sein Haus den Auflagen sowohl für Gewerbe- als auch für Wohnraum entsprach. Denn der Architekt erfüllte für beide Nutzungsarten die maximalen Anforderungen, baute in jeder Wohnung genügend Nasszellen und plante hohe Treppengeländer im Bürobereich ein.

Das Hybridhaus der iba tut dies nicht - ermöglicht aber die Nachrüstung. Zudem erfüllt es die geforderte Nachhaltigkeit. "Wir hatten jederzeit die Lebenszyklusorientierung, so der Fachbegriff, der Baustoffe im Blick", sagt Architektin Sack. "Das Haus war als reiner Holzbau mit Glaselementen konzipiert." Demnächst stünde jetzt eine Prämierung durch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) an - Architektin Sack hofft darauf.