Teil 5 der Serie: Typische Details amerikanischer Lebensart sind Holzfassade, passgenaue Einbauten sowie das offene Raumkonzept.

Long Island heißt das Sylt der New Yorker und ist seit Anfang des 20. Jahrhunderts ein begehrter und mondäner Rückzugsort für viele Bewohner aus der Metropole. Hier erholen sie sich von dem turbulenten und unruhigen Alltag in der Mega-City. Atemberaubende Strände und berühmte Erholungsorte wie beispielsweise "The Hamptons" haben die Insel östlich New Yorks so populär gemacht.

Der Schriftsteller F. Scott Fitzgerald ließ sich für seinen Roman "Der große Gatsby" von der Insel inspirieren, und auch Künstler wie Roy Lichtenstein und Tomi Ungerer siedelten sich zwischen Dünen und Kiefernwäldern auf Long Island an. Das lässige Leben abseits des stressigen Alltags hat nicht nur Schriftsteller, Künstler und Millionäre angezogen, es hat auch einen ganz eigenen Bau- und Wohnstil hervorgebracht, der viele Anhänger in Europa findet.

Das Besondere an dem Stil: Er ist von einer gewissen Lässigkeit geprägt, mit den Häusern verbindet man ländliches Wohnen - und doch unterscheiden sich die Bauten mit ihren typischen Fassaden, Sprossenfenstern, Grundrissen und Baudetails sehr stark von unserem Landhaus-Stil.

Ein herausragendes Merkmal ist die Farbgebung der Häuser. Die typischen Landhäuser haben eine Holzfassade, die in strahlendem Weiß gestrichen ist. Schon im 17. Jahrhundert hatten die sehr religiösen Siedler den schlichten Anstrich für ihre Häuser gewählt. Nach ihrer Auffassung hätte jede andere Farbe den Menschen von seiner Hingabe zu Gott abgelenkt. Die Farbgebung hat sich gehalten. Und trotz der auch kalten Winter und des hohen Pflegeaufwands, hat sich die Kombination Holz und weiße Farbe gehalten. Kein typisches Haus im Long-Island-Stil würde man mit einer roten, gelben oder grünen Fassade finden. Die Holzverschalung verläuft, im Gegensatz zu den schwedischen Landhäusern, horizontal. Die einzelnen Schalungsbretter sind in der sogenannten Keilstülpschalung angebracht. Dabei werden die einzelnen Bretter etwas schräg montiert, sodass Regenwasser abtropfen kann.

Ein Muss für die klassischen Landhäuser ist die Veranda, die "porch", die über die gesamte Breite des Hauses reicht. Aus Hollywood-Filmen kennen wir einige Szenen, bei denen die Schauspieler auf einem Schaukelstuhl sitzen und unter dem Schutz der Veranda ankommende Besucher schon aus der Entfernung bemerken oder in etwas entspannterer Atmosphäre den Abend genießen.

Die Garagen sind grundsätzlich in das Haus integriert und oft von der Hauseingangsseite nicht als solche zu erkennen. Von der Garage aus können die Bewohner direkt in die Küche oder in den "Mudroom" gelangen - eine Art Hauswirtschaftsraum, in dem Gummistiefel geparkt und in einem großen Waschbecken gröbere Schmutzarbeiten erledigt werden.

Die Wohnkonzepte unterscheiden sich stark von den unseren. Die Amerikaner haben einen sogenannten "family-room" mit einer Küchenzeile, Esstisch, Kamin, Sofa und Fernsehgerät. Hier hält sich die Familie vornehmlich auf. Ess- und Wohnzimmer sowie, bei großen Häusern, eine Bibliothek nutzen die Bewohner nur, wenn Gäste kommen. Besonders typisch sind offene Grundrisse mit einer großzügigen Eingangshalle und eingezogenen Galerien. Die Garderobe befindet sich meist in eingebauten Schränken, deren Türen die gleiche Optik wie die Zimmertüren haben. Sie haben keine glatten Türblätter, sondern sind mit Rahmen und Füllung gearbeitet. Die Treppen mit Holzstufen, einem aufwendig gearbeiteten, weiß lackierten Holzgeländer und einem Handlauf aus Naturholz führen in den ersten Stock. Ecken, Nischen und Abseiten werden ausgebaut und als Stauraum genutzt. So ist auch in vielen Fällen der Raum unter der Treppe mit einem Schrank oder einer Paneelwand geschlossen. Die Treppenaufgänge zeigen sich als fester Bestandteil des Innenausbaus. Mit Mauern geschlossene Treppenhäuser wird man in einem Long-Island-Haus nicht finden. Ebenso ersetzen Erker und Gauben die bei uns üblichen Dachflächenfenster.

"Die Fenster bestehen, anders als in Europa, nicht aus Drehflügeln, sondern aus Schiebeelementen, die je nach Bedarf nach unten oder oben geschoben werden können" erklärt Markus Klein von der Firma The White House.

Der Fachmann hat einige Jahre in Amerika gelebt und baut seit vielen Jahren in Deutschland Häuser, die bis zum letzen Detail die typischen Merkmale des amerikanischen Hauses tragen. "Sämtliche Details sind typisch amerikanisch. Die Bauausführung bis hin zur Einhaltung der geltenden Energiesparverordnung (EnEv) ist dagegen typisch deutsch", sagt Markus Klein. Die Fenster müssen für den deutschen Markt einen besonderen Härtetest durchlaufen und hätten nach den Wärmedurchlasswerten auch die Chance, sogar in Alaska eingesetzt zu werden.

Selbstverständlich gehört mindestens ein Kamin zur Ausstattung eines amerikanischen Landhauses. Er ist ländlich, rustikaler mit Natursteinen eingefasst, oder aber ein in Weiß, Creme, Beige oder ähnlichen Naturtönen lackierter Innenausbau rahmt als Mantel die Feuerstelle ein. Die Steinwände müssen nicht unbedingt Stein für Stein gemauert werden. Es gibt einige Hersteller, die diese Steinwände täuschend echt auch als Paneele aus Kunststoff anbieten. Aber nicht nur die Baudetails sollten stimmen. Auch an den Fenster- und Türbeschlägen kann man ablesen, ob das Gesamtkonzept stimmt. So haben amerikanische Zimmertüren keine Türdrücker, sondern werden mit Drehknöpfen geöffnet. Auch Kleiderschränke wird man in einem typischen Long-Island-Haus nicht finden. Bündig in die Wand gesetzte Einbauten, die Amerikaner nennen den Einbauschrank "closet", oder aber Ankleidezimmer ersetzen den bei uns üblichen Kleiderschrank. Eins steht fest: Mit dem richtigen Wohnkonzept lässt sich der Traum vom lässigen "American way of life" auch in unseren Breitengraden problemlos wohnen.

+++ Zum Nachlesen: Wohnstile +++