In der Regel wird die Beseitigung von Graffiti als Instandhaltungsmaßnahme eingeordnet

Hamburg. Insbesondere in den langen Nächten des Winters sind die vielen anonymen Graffiti-Sprayer wieder besonders gern aktiv. Ihre skurrilen Figuren mit grellen Farben auf Hauswänden ärgern Mieter und Vermieter meist gleichermaßen - vor allem dann, wenn Streit darüber aufkommt, wer die Kosten für der Graffiti-Beseitigung tragen soll.

Zumal es regelmäßig teuer wird, wenn die Profis anrücken müssen und mit Hochdruckstrahlern die Schmierereien vom Putz pusten. Mehrere Tausend Euro kann die Graffiti-Beseitigung durchaus kosten, besonders wenn es sich um die Reinigung von Naturstein oder Putz handelt. Sehr viel einfacher und günstiger ist es dagegen, wenn die Fläche mit Emailleschildern oder speziellen Folien beschichtet ist.

Erfahrungsgemäß würden Vermieter die Reinigungskosten gern auf ihre Mieter abwälzen, und zwar als Betriebskosten. "Umgelegt werden kann aber nur, was in der Betriebskostenverordnung vom Gesetzgeber erwähnt wurde", sagt Rechtsprofessor Gunnar Horst Daum von der Hochschule für Ökonomie und Management FOM Frankfurt am Main. Graffiti wird hier nicht explizit aufgeführt - wohl aber können Kosten für "Gebäudereinigung" laut Paragraf 2 Nr. 9 BetrKV auf die Mieter umgelegt werden.

Ob sich die Graffiti-Beseitigung unter "Gebäudereinigung" erfassen lässt, konnte bislang nicht höchstrichterlich geklärt werden. Nach überwiegender Juristen-Meinung handelt es sich bei diesen Aufträgen eher um eine Instandhaltung als Folge einer Sachbeschädigung. Instandhaltungskosten dürfen aber nicht umgelegt werden. Entsprechend haben das Amtsgericht Köln (Az: 222 C 120/99) sowie die Richter in Berlin-Schöneberg (Az: 12 C 696/01) entschieden.

Ein jüngeres Urteil des Amtsgerichtes Berlin-Mitte (Az. 11 C 35/07) macht deutlich, dass es jeweils auf den Einzelfall ankomme. Eine Graffiti-Beseitigung ist laut dieser Entscheidung dann auf Mieter umlegbar, wenn sie einer Gebäudereinigung ähnelt. Dabei spielt einerseits eine Rolle, ob die Schmiererei regelmäßig entfernt wird. In dem zu verhandelnden Fall hatte der Vermieter angeführt, dass er die Farbschmierereien einmal im Quartal von einer Fachfirma beseitigen lasse. Darüber hinaus kommt es darauf an, ob es sich noch um Schmutz handelt oder ob die Substanz der betroffenen Wand beeinträchtigt wurde. Dann handele es sich um eine Sachbeschädigung, die nicht umlegbar ist, wie das Amtsgericht Berlin-Mitte hervorhob. Konkret: Kommt ein Handwerker regelmäßig vorbei, um die Hauswand mit handelsüblichen Putzmitteln von Graffiti zu säubern, so handelt es sich eher um eine umlegbare Gebäudereinigung. Rückt nach einer einzelnen Sprayer-Attacke hingegen eine Spezialfirma an und macht das Haus in tagelanger Arbeit wieder sauber, so spricht das mehr für eine Schadenbeseitigung. "Für Vermieter und Mieter bleibt bei diesem Thema leider eine erhebliche Rechtsunsicherheit bestehen", bilanziert Rechtsprofessor Daum. Ein Argument für Mieter könnte bei einem Streit das Strafgesetzbuch sein: Im Jahr 2005 wurde der Paragraf 304 (Sachbeschädigung) neu gefasst. Das Sprayen von Graffiti ist seitdem nicht nur dann strafbar, wenn eine "Substanzverletzung" verursacht wurde, sondern wenn jemand "unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert". Professor Daum: "Graffiti gelten damit strafrechtlich praktisch immer als eine Sachbeschädigung." Zivilgerichte könnten diese Vorlage des Gesetzgebers aufgreifen und Graffiti ebenfalls generell als Sachbeschädigung einstufen.

Die Kosten, die im Zusammenhang mit der Entfernung und Vorbeugung vor illegal angebrachten Graffiti entstehen, sind relativ hoch. In Deutschland werden zur Beseitigung illegaler Graffiti pro Jahr circa 500 Millionen Euro ausgegeben, die zur Hälfte auf private Eigentümer entfallen.