Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat mit seinem Urteil über Schadenersatzansprüche gegenüber einem Zweitarchitekten bei Übernahme der sogenannten "Vollarchitektur" dessen Haftungsverantwortung bestätigt (Urteil vom 9.3.2010 - 19 U 100/09). Beendet ein Bauherr während der Bauphase das Vertragsverhältnis mit dem ersten Architekten, so haftet der nachfolgend beauftragte Architekt in vollem Umfang. Dies schließt Planungs- und Baumängel des Erstarchitekten ausdrücklich mit ein, sofern der Zweitarchitekt die sogenannten "Vollarchitektur", also alle Leistungsphasen (LPH 1-9) im Sinne der HOAI übernommen hat. In diesem Fall ist der Zweitarchitekt verpflichtet, alle vorhandenen Planungsleistungen zu überprüfen.

Im konkreten Fall hatte eine Bauherrin ein Architekturbüro mit einer Planung beauftragt. Noch vor Ausführung der Bauleistungen wurde das Vertragsverhältnis beendet und ein Zweitarchitekt mit der Fertigstellung betraut. Dieser übernahm das Projekt mit sogenannter "Vollarchitektur", die vorhandenen Pläne wurden als Grundlage herangezogen. Nach Fertigstellung kam es durch Planungsfehler zu Feuchtigkeitsschäden und Schimmelbildung. Eine Abnahme war nicht erfolgt. Infolgedessen wurde der Zweitarchitekt für alle Mangel-8 und Mangelfolgeschäden sowie Mietausfall auf Schadenersatz verklagt.

Das OLG Stuttgart folgte der Argumentation der Klägerin und bestätigte, dass die Obliegenheit für mangelfreie Pläne nicht beim jeweiligen Bauherren liegt. Es ist der Auffassung, dass mangels Abnahme die Fünfjahresfrist für Werkverträge gemäß § 634a BGB keine Anwendung findet, sondern die allgemeine gesetzliche Regelverjährung von drei Jahren, gemäß § 195 BGB. Dies würde bedeuten, dass nicht abgenommene Leistungen bereits früher verjähren als abgenommene.