Oberbaudirektor Jörn Walter will das maritime Lebensgefühl in der Hansestadt noch mehr fördern

Fritz Schumacher, der als Oberbaudirektor das Bild Hamburgs mit seinen Klinkerbauten geprägt hat, erinnerte in einer 1945 gehaltenen Rede an ein Goethe-Wort: "Was die letzte Hand tun kann, das muss die erste Hand schon entschieden aussprechen. Hier muss schon bestimmt sein, was getan werden soll." Auch Jörn Walter, seit zwölf Jahren Oberbaudirektor, beherzigt diese Erkenntnis. Er und sein Vorgänger, Egbert Kossak, haben die Elbe und die Kanäle als neuen Stadtraum wiederentdeckt. Diesen bescheren die Stadtplaner unserer Tage nicht nur neue Quartiere und Bauten, sondern auch die Chance, ein neues maritimes Lebensgefühl zu entwickeln. "Die gesamte Wahrnehmung des Elberaumes wird eine deutlich andere sein als in der Vergangenheit", sagt Walter. "Als große übergeordnete städtebauliche Aufgabe sehe ich, Hamburg von der Elbe aus neu zu komponieren - quasi vom Schiff aus. Wir müssen den Blick wechseln und nicht, wie jahrzehntelang üblich, nur von der Stadt aus auf die Elbe schauen." Mit der Hinwendung zum Wasser würden die Hamburger Elbe und Hafen wieder neu entdecken. Der Hafen sei mit der Gründung des Freihafens 1888 aus dem alltäglichen Leben der Stadt verbannt worden, erklärt Walter. "Man ging hin, um ihn zu besichtigen, er war aber nicht mehr Teil des alltäglichen Stadterlebens. " Zukünftig werde es aber wieder eine engere Mischung von Hafen- und Stadtnutzung geben. "Auch die Hafenwirtschaft wird sich in Teilen wieder öffnen können und eine stärkere Durchmischung von gewerblicher Nutzung und Wohn- und Freizeitaktivitäten im Hafen zulassen", ist sich Walter sicher. Erste symbolische Schritte sind gemacht worden. Die Zollgrenzzäune wurden geöffnet, der Spreehafen wird wieder zugänglich sein, ein Fahrradweg durch den alten Elbtunnel wird die Stadt mit Wilhelmsburg verbinden.

"Warum gibt es nicht Fahrradwege im Hafen?", fragt Walter. Die neue Erschießung des Hafenraums vom Norden und vom Süden her mit Wilhelmsburg in der Mitte werde eine neue alltägliche maritime Erlebniswelt schaffen. "Wir können sie in Ansätzen erahnen, weil die ersten Projekte bereits fertiggestellt sind, aber wir können sie uns dennoch nicht richtig vorstellen in der Dimension, die das Ganze für die maritime alltägliche Lebenswelt künftiger Innovationen haben wird." Seit mehr als einem Jahrzehnt wird das nördliche Ufer der Elbe von Oevelgönne bis zu den Elbbrücken neu gestaltet.

Diese neu komponierte Strecke stellt sich dem Passagier eines Kreuzfahrtschiffes von Blankenese bis zur HafenCity als ein sich ständig verdichtendes Ensemble mit städtebaulichen Akzenten dar, zu denen die Perlenkette entlang der Großen Elbstraße, die Hafenkrone des Brauhaus-Quartiers und schließlich die Elbphilharmonie gehört. "Als sinnfälligen Abschluss dieser Strecke stelle ich mir zwei architektonisch markante, Hochhäuser an den Elbbrücken vor", sagt Walter. Ein Ort, wo der Seeschiffsverkehr aufhöre und der reine Binnenschiffsverkehr beginne. Ein Ort, an dem die Stadt auch für den Straßen- und Schienenverkehr zu einem Einfallstor werde. Dieser Gelenkpunkt habe es verdient, durch besondere Bauten betont zu werden. "Hier würde ein solcher Akzent eine Bereicherung darstellen. Nicht nur im gestalterischen Sinne als Orientierungspunkt, sondern er würde auch eine räumliche Qualität für das Elbpanorama schaffen."

Die Gebäude kann Walter sich als 150 Meter hohe Türme vorstellen, da sie an dieser Stelle die historische Silhouette der Hamburger Altstadt mit ihren Kirchtürmen nicht stören würde. "Das ist der Grund, weshalb wir in der HafenCity keine Hochhäuser haben wollen. Die wenigen hohen Türme dienen zur lokalen Orientierung, eine übergeordnete Stadtbildfunktion haben sie nicht." Die Bewahrung der Kulisse findet dagegen ihren Sinn im neu komponierten Elb-Hamburg. Denn schließlich würden künftige Generationen sie ja nicht nur von Abbildungen her kennen, wie so oft der Fall, sondern aus eigenem Erleben vom südlichen Elbufer aus.