Das Hamburger Büro Prof. Bernhard Winking Architekten baut weltweit. Vor allem in China punktet es mit seinen Entwürfen

Hamburg. Das Büro "Prof. Bernhard Winking Architekten" befindet sich in der Speicherstadt. Dem Besucher, der den historischen Speicherboden betritt, fällt sofort die lange Wand ins Auge, an der Dutzende von Fotos das Werk von Bernhard Winking und seines Partners Martin Froh zeigen. Darunter die modernisierten Wimmelhäuser am Zeughausmarkt, der Channel-Tower in Harburg, der Anbau der Davidwache in St. Pauli, das Loki-Schmidt-Haus in Klein Flottbek und die neue Rethebrücke im Hamburger Hafen, um nur einige der Hamburger Projekte zu nennen. Daneben sieht er zahlreiche Gebäude, die die beiden Architekten in Berlin gebaut haben, wo Martin Froh die Niederlassung des Büros leitet.

Doch Winking und Froh haben auch das Stadtbild vieler deutscher Städte wie Braunschweig, Husum, Dresden, Frankfurt am Main und München mitgestaltet. Nicht zu vergessen die zahlreichen Bauten, die sie in China errichtet haben.

Bernhard Winking und Martin Froh arbeiten seit 1996 als Partner zusammen. Der 1934 in Osnabrück geborene Winking hat sein erstes Büro, damals mit Dieter Patschan als Partner, bereits 1965 eröffnet. Die Werk-Galerie des Büros ist also um einiges größer. So stammen die Entwürfe für das Medien-Zentrum Rotherbaum und den Fleethof auf der Fleetinsel von Bernhard Winking. Die vielen Aufträge, zu denen aktuell der Bau des neuen Zollamtes in der HafenCity und der Umbau des Einkaufszentrums in Steilshoop gehören, bewältigen sie mit einem Mitarbeiterstamm von 20 bis 30 Architekten. Viele sind, wie auch Martin Froh, ehemalige Schüler von Bernhard Winking, der seit 1968 Bauplanung an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg (jetzt HafenCity Universität) lehrt.

Winking selbst hat sein Studium in Münster und Hamburg absolviert, nachdem er das Maurerhandwerk erlernt hatte. "Unsere Häuser sollen sich auch in einigen Jahrzehnten noch behaupten können", sagt Bernhard Winking. Gestenreiche Gebäude, bei denen man sich schon nach einigen Jahren frage, warum man sie eigentlich gebaut habe, seien nicht seine Sache. "Wir diskutieren unsere Entwürfe deshalb sehr intensiv und leiten sie aus der Umgebung ab." Zur Umgebung zählt Winking nicht nur die geografische Nachbarschaft, sondern auch die Geschichte des Ortes. "Wir gehen dabei so weit zurück, wie wir können, um zu erfassen, wo wir heute an diesem Ort stehen." Beispiel "Channel Tower": Da wurde der Sockel des Hochhauses in Ziegel ausgeführt, der für das alte, in Teilen noch existierende Quartier mit seinen kleinen Backsteinhäusern steht. Darüber erstreckt sich ein Turm aus Stahl und Glas, der auf die alte, vergangene Hafenindustrie an diesem Ort eingeht.

Einen bayerischen Hausstil kann man nicht in Hamburg bauen

An der Jarrestraße reagierte er beim Bau eines Wohnhauses auf die gegenüberliegende Jarrestadt. "Nicht nur der große Torbogen verweist auf deren Architektur, auch die Bildsprache der Speicher haben wir übernommen. Nur dass wir an diesem Standort Wohnungen mit Dachgärten geplant haben." Die Änderungen seien nicht groß, dafür aber entscheidend für die Wohnqualität. Bauflächen gebe es in Hamburg in ausreichender Zahl, meinen Winking und Froh. "Hamburg ist die grünste Stadt in Deutschland und würde diese Qualität nicht verlieren, wenn man beispielsweise bei vielen Zeilenbauten aus den 50er-Jahren die Köpfe zur Straßenseite zubauen würde." Innenhöfe würden ruhiger werden und die Straßenfront ein urbaneres Gepräge erhalten.

Wie das im Einzelfall aussehen kann, hat Bernhard Winking Mitte der 90er-Jahre in einer Studie über den Kern von Wandsbek gezeigt. "Man gibt keine Qualitäten auf, sondern schafft neue durch zusätzlichen Wohnungsbau." Eine globalisierte Architektur, bei der jedes Haus an jedem Ort stehen könnte, lehnen Winking und Froh ab. "Das entspricht nicht unserer Auffassung. Das Ortstypische muss immer durchscheinen. Häuser, die wir in Bayern und Berlin gebaut haben, könnten wir so nicht in Hamburg bauen."

Im globalisierten Architekturbetrieb kennen sich beide aus, seitdem sie sich im großen Stil auch in China engagieren. "Dort studieren wir die alten, wunderbaren Städte mit ihren faszinierenden öffentlichen und privaten Raumfolgen." Chinesische Architekten hätten häufig keinen Sinn für die historische chinesische Architektursprache. Hier können Bernhard Winking und Martin Froh punkten. "Wir überzeugen bei Wettbewerben, indem wir unsere Überlegungen aus den historischen Stadträumen ableiten. Wir orientieren uns an der alten gerasterten Stadt."

Ihr erstes großes Projekt in China war der Bau einer Zigarettenfabrik mit Forschungszentrum und Büros, die gleichzeitig als Konzernzentrale dienen sollte. "Wir haben die Gebäude um einen quadratischen chinesischen Park gebaut, zu dem alle Mitarbeiter Zugang haben sollten - ein halböffentlicher Raum mit Grün und Wasser." Eine Idee, die im modernen China unüblich war, die den Konzernchef aber begeistert hat. "Das hätte ein chinesischer Architekt so nicht gebaut", sagt Martin Froh. "Die jüngeren Architekten sind sehr interessiert an unserer Philosophie hinter den Gebäuden", freut sich Winking. Die älteren reagierten zurückhaltender. "Denen ist der Sinn für Historie in der Kulturrevolution ausgetrieben worden." Aber Winking verkennt nicht, dass die Chinesen von deutschen Architekten zunächst einmal Qualität erwarten. "Sie wollen mit ,Made in Germany' auch ihre Gebäude vermarkten. Sie schätzen deutsche Wertarbeit und die Verlässlichkeit der Architekten."

Winking und Froh haben sich nicht nur durch ihre internationalen Entwürfe einen Namen gemacht, sondern auch durch Brückenbauwerke hierzulande. "Unsere erste Brücke war die Michaelisbrücke, die die Fleetinsel mit der Neustadt verbindet. Die spektakulärste Brücke ist aber sicherlich das Magdeburger Wasserstraßenkreuz, bei dem der Mittellandkanal über die Elbe geführt wird." Bei der neuen Störbrücke bei Itzehoe haben sie, anders als bei der Vorgängerbrücke, extra einen Bogen gebaut, damit der Autofahrer sie auch als Brücke wahrnimmt.