Mit Découpage-Arbeiten dekoriert die Hamburger Künstlerin Verena Trautwein ihre Wohnung in Harvestehude.

Hamburg. Die Jugendstilvilla am Mittelweg liegt ein wenig abseits der Straße und überrascht durch einen Eingang im Souterrain - ganz im Stil der 80er-Jahre. Fünf Treppen müssen überwunden werden, bevor man vor der Wohnungstür von Verena Trautwein steht. "Der Eigentümer hat die Villa, die ursprünglich für eine Familie gebaut worden war, mit diesem neuen Treppenhaus ausgestattet, von dem alle Wohnungen gut zu erreichen sind", sagt die Kunsthandwerkerin, die seit einem Jahr mit ihrem Mann am Mittelweg wohnt.

In der Wohnung ist vom fragwürdigen Charme der 80er nichts mehr zu spüren: Die alten Stilelemente und der Stuck sind noch vorhanden, und sensibel vorgenommene Modernisierungen erhöhen die Wohnqualität, wie etwa der von einigen Jahren angebaute große Balkon, auf dem an heißen Sommertagen eine große Buche Schatten spendet.

Herzstück der 120 m² großen Wohnung ist das Wohnzimmer, das stilvoll eingerichtet ist. Kontraste sind der Künstlerin wichtig, und so wurden die Wände in einem leichten grau-violetten Pastellton gestrichen, das Lieblingssofa ist in einem hellen Grün bezogen. Weil Qualität sich auszahlt erhielt das schon 35 Jahre alte Sofa seinen sechsten Bezug und sieht wie neu aus. Mit kleinen Accessoires, seien es farbige Kerzen, brombeerfarbene Kissen oder ein kräftiger Blumenstrauß, sorgt Verena Trautwein in ihrer Wohnung für eine farbige Wiederholung in allen Räumlichkeiten.

Das ehemalige Haus der Familie in Blankenese bot Platz für ein Atelier, "aber nachdem unsere Kinder ausgezogen waren, war das Haus zu groß. Außerdem wollten wir gerne wieder zurück in die Stadt - ich bin in Harvestehude aufgewachsen." Und so war der Wohnungswechsel ein Nachhausekommen und ein Neuanfang in einem. "Ich mag die zentrale Lage - in ein paar Minuten bin ich mit dem Bus oder mit dem Fahrrad überall, ein Auto ist kaum nötig", sagt Trautwein. Ihr Atelier hat die Künstlerin in der nahen Hagedornstraße - dort entstehen die kunstvollen Découpage-Arbeiten, mit denen sie sich seit fast zehn Jahren beschäftigt.

Découpage (vom französischen "découper": "Ausschneiden") ist eine kunsthandwerkliche Technik, bei der Bildmotive ausgeschnitten, auf ein Objekt aufgebracht und dann mehrere Male überlackiert werden. Am Ende ist nicht mehr zu sehen, dass es sich um ein aufgeklebtes Bild handelt.

Entstanden ist Découpage im späten 17. Jahrhundert durch zwei historische Entwicklungen. Zum einen wurden in dieser Zeit fernöstliche Objekte mit ihren kunstvollen Lackierungen so populär, dass venezianische Möbelschreiner und Lackierer begannen, ihre Motive zu kopieren. Gleichzeitig begann der Adel, Maler zu beauftragen, Möbel, Wände und Decken mit Bildern zu verschönern. Das aufstrebende Bürgertum wollte da nicht nachstehen, "konnte sich aber natürlich keine Maler leisten", erklärt Verena Trautwein. Auf der anderen Seite sei das Kunsthandwerk immer populärer geworden bei den Damen der besseren Gesellschaft. So widmeten sich Marie-Antoinette, Madame Pompadour, aber auch Lord Byron mit Hingabe diesem Hobby.

Verena Trautwein selbst ist in Mailand, wo sie einige Jahre gelebt hat, auf Découpage aufmerksam geworden. "Es bietet mir die Möglichkeit, Möbel zu verschönern, ohne allzu viel Geld investieren zu müssen." Bei der Motivwahl ist die Hamburgerin nicht festgelegt: "Ich verwende sowohl klassische Chinoiserie als auch viktorianische Blumenmotive - im England des 19. Jahrhunderts sehr populär. Aber auch moderne Motive kommen bei mir zum Einsatz." Sie sei bei ihrer Arbeit flexibel - die Technik bleibe zwar immer dieselbe, "aber die Motivwahl erlaubt eine große Kreativität". So gibt es denn auch zu Weihnachten Vasen, Schachteln und Teller mit festlichen Bildern. Dann verschwindet Verena Trautwein in ihrem Atelier und entwickelt neue Ideen für die alte Technik.