Mittlerweile zählt der Solidarverbund 57 Hausprojekte in ganz Deutschland mit etwa 1500 Bewohnern

Hamburg. Zwei-, dreimal im Jahr treffen sich die Mieter des Mietshäuser Syndikats in einer deutschen Stadt. 160 waren es bei der jüngsten Versammlung in Leipzig. Darunter auch der Hamburger Rolf Weilert, der nicht nur in einem Mietshäuser-Syndikat-Haus wohnt, sondern auch einer von 45 ehrenamtlichen Beratern ist, die neuen Interessenten bei ihrem Projekt helfen. "An uns wenden sich Leute, die ein Wohn- oder ein Gewerbehaus kollektiv aus eigenen Zwecken bauen oder umbauen wollen, und das auf dem Fundament des Mietshäuser Syndikats", sagt Weilert.

Auf den jeweiligen Jahrestreffen können sie ihre Projekte vorstellen. "Wenn insbesondere das Finanzierungskonzept stimmig ist, können sie als Mietshäuser-Syndikat-Projekt aufgenommen werden." Der Vorteil: Das Syndikat ist ein Solidarverbund, der bei der Finanzierung hilft und dafür sorgt, dass die Häuser selbst verwaltetes Eigentum der jeweiligen Hausgemeinschaft bleiben. "Ein Haus gehört immer den Leuten, die es bewohnen, und nicht dem Syndikat", sagt Weilert.

Jedes Hausprojekt organisiert sich zu einer GmbH und hat zwei Gesellschafter

Die einzelnen Wohnungen sind aber keine Eigentumswohnungen, sondern werden von den Bewohnern gemietet. "Wer auszieht, nimmt nichts mit", sagt Weilert. Wer neu einziehe, werde Teil des Projekts. Jedes Hausprojekt ist als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) organisiert und hat zwei Gesellschafter - einen Hausverein, in dem die Bewohner organisiert sind, und das Mietshäuser Syndikat, das laut Satzung nur dann ein Stimmrecht ausüben darf, wenn das Haus verkauft oder die Satzung geändert werden soll.

Mittlerweile gibt es 57 derartige Hausprojekte in ganz Deutschland, in denen rund 1500 Menschen wohnen. Das erste entstand Ende der 80er-Jahre in Freiburg, wo aus einer alten Fabrik ein Wohnprojekt wurde - die Urzelle des Mietshäuser Syndikats. Viele der Häuser wurden so vor dem Abriss gerettet, andere wurden neu gebaut. Darunter auch das Hamburger Projekt Inter-Pares in der Chemnitzstraße in Altona-Altstadt. Hier lebt Rolf Weilert - für ihn nicht das erste Wohnprojekt. "Ich bin schon lange in selbst organisierten Kreisen unterwegs, sowohl beruflich in einer Kollektivdruckerei als auch beim Wohnen." Als es an der Zeit gewesen sei, ein neues Wohnprojekt zu starten, habe sich die Gruppe an das Mietshäuser Syndikat gewandt.

Das Syndikat steht Projektgruppen nicht nur mit Rat und Tat zur Seite - es gibt ein 160 Seiten dickes Handbuch, sondern hilft auch, die Finanzierungshürden zu überwinden. "Die alten Projekte führen Solidarbeiträge ab, aus denen neue Projekte mit finanziert werden", erläutert Weilert. "Eine GmbH muss 25 000 Euro Stammkapital nachweisen, 49 Prozent davon werden vom Syndikat getragen - gewissermaßen als Anschubfinanzierung." Dieses Geld fließt im Laufe der Jahre an das Syndikat zurück. Kreative Ratschläge, wie eine Baugemeinschaft die nötigen Finanzen für ihr Projekt auftreiben kann, erhalten neue Gruppen im Austausch mit anderen Gruppen. "Wir haben einen Kredit von der GLS-Bank (Geben Leihen Schenken) erhalten, einen Zuschuss der Wohnungsbaukreditanstalt für energetisches Bauen beantragt und darüber hinaus Privatdarlehen in Anspruch genommen", sagt Monika Thelosen, auch sie eine Bewohnerin von Inter-Pares.

Lieber tausend Freunde im Rücken als eine Bank im Nacken

Direktkredite von Privatpersonen, die verzinst werden, gehören zu den Hauptfinanzierungsinstrumenten von Mietshaus-Syndikats-Projekten. "Lieber tausend Freunde im Rücken als eine Bank im Nacken", umschreibt Weilert die Idee hinter diesem Konzept.

Die größte Hürde für Baugemeinschaften ist die Suche nach einem passenden Grundstück. Auch hier können Freunde und Solidarität hilfreich sein. "Wir sind durch die Bauwagenbewohner, die auf dem Gelände hinter unserem Haus leben, auf das Grundstück aufmerksam gemacht worden", sagt Monika Thelosen. Das Gewerbegebäude, das hier stand, sollte aufgegeben werden, und die Bauwagenbewohner mussten befürchten, dass die Zuwegung zu ihren Wagen gefährdet würde, kaufe ein privater Investor das Grundstück. Eine Win-win-Situation für beide Seiten. "Unsere Gruppe war kurz davor, sich aufzulösen, wenn wir nicht ein Grundstück gefunden hätten", so Thelosen. Damit der Bau der zehn Wohnungen im Inter-Pares-Projekt, in denen Wohngemeinschaften, Paare und Singles wohnen, öffentlich gefördert werden konnte, ließ sich das Projekt bei der Agentur für Baugemeinschaften anmelden. Die Wohnungen wurden nach den Richtlinien des öffentlich geförderten Wohnungsbaus errichtet, was nicht ausschloss, dass die Grundrisse den Vorstellungen der Mieter zu einem Gutteil angepasst wurden.

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