Historie: 1851/52 gebaut im Auftrag von Johann Heinrich Schröder

Hamburg. "Da sie keinen Silbergroschen besaß, so wusste sie, dass niemand in der weiten Welt sich finden würde, sie zu heiraten, und mit Demut sah sie ihrer Zukunft entgegen, die darin bestand, in irgendeiner kleinen Stube eine Rente zu verzehren, die ihr mächtiger Onkel ihr aus der Kasse einer wohltätigen Anstalt für arme Mädchen aus angesehener Familie verschaffen würde." So wie der 21-jährigen Klothilde Buddenbrook, deren traurige Lebensperspektive Thomas Mann in diesem Satz beschreibt, erging es im 19. Jahrhundert vielen Bürgern - insbesondere den mittellosen Witwen. Immer mehr verarmten und waren auf die Mildtätigkeit erfolgreicher Bürger angewiesen. Diese sahen sich in die Pflicht genommen. In Hamburg setzte in den Jahren zwischen 1824 und 1914 ein regelrechter Stiftungsboom ein, um den in Not geratenen Standesgenossen zu helfen.

Mehr als 100 mildtätige Stifte wurden in dieser Zeit erbaut, in denen in der Regel Menschen unterkamen, die "unverschuldet in Not geraten waren" und "früher in besseren Verhältnissen gelebt hatten". Über 5000 Personen fanden hier ein Dach über dem Kopf. Den Baugrund für die Stifte stellte in den meisten Fällen der Senat kostenlos zur Verfügung. Ohne dessen Hilfe wären viele Stiftsgebäude schlichter ausgefallen oder nie gebaut worden. Nicht immer gestaltete sich die Suche nach Bauland einfach. So im Falle des 1851/52 gebauten Schröder-Stifts

Es war seinerzeit das größte und am reichsten ausgestattete Hamburger Stift - ein repräsentativer Höhepunkt. In der beengten Innenstadt, in der nach dem Brand von 1842 eine große Wohnungsnot herrschte, fand sich kein Platz für den Bau. Der Stifter Johann Heinrich Schröder selbst wünschte sich ein Grundstück an der Rothenbaumchaussee. Gegen diesen Standort formierte sich aber Widerstand. Man befürchtete, dass ein Stift in diesem Stadtplanungsgebiet zu viele Interessen Dritter berühren würde. Und so wurde Schröder ein Baugrund am Rande des Planungsgebiets in der Nähe der Sternschanze überlassen. Dem Altenstift gegenüber sollte ursprünglich ein Waisenhaus für Kinder errichtet werden - eine symbolträchtige Symbiose.

Die dreiflüglige, symmetrisch-schlossartige Anlage mit einer Kapelle als Blickfang in der Mitte vereint, wie viele andere Stiftsbauten auch, repräsentative und funktionale Aspekte. Hinter der würdevollen Fassade, die das Werk des Stifters rühmte, verbargen sich 52 einfachste Kleinstwohnungen für "Personen höheren Standes, die dessen bedürfen". Die Anlage lässt erkennen, dass die Bewohner nicht selbstbestimmt wohnen konnten, sondern dass man von ihnen Disziplin erwartete. Die meist symmetrisch angeordneten Stiftsbauten gaben diesen privaten Einrichtungen einen quasi-öffentlichen Charakter. Später entstanden hinter dem Gebäude Erweiterungsbauten, die 1971 abgerissen wurden.