In Norddeutschland sind Holzhäuser aus Skandinavien eine Alternative zum klassischen Klinkenbau

Schwedenurlauber wissen es. Die heimeligen roten Holzhäuser gibt es nicht nur in den alten Geschichten von Astrid Lindgren oder Selma Lagerlöf - man kann sie überall im Königreich Schweden sehen. Und man sieht sie auch immer häufiger in Norddeutschland. "Früher hatten Käufer von Schwedenhäusern einen eindeutigen Bezug zu Schweden. Sei es, dass Schweden ihr Ferienland Nummer eins war, sei es, dass sie dort studiert oder gearbeitet hatten", sagt Adreano Volonghi von GfG-Schwedenhäuser. "Inzwischen haben wir immer mehr Kunden, die nie in Schweden waren, sich aber in die Architektur der traditionellen Schwedenhäuser verliebt haben." Meistens seien es Familien mit Kindern, die den traditionellen "Allrum" im Obergeschoss als Spielraum schätzten. "Man kann im Erdgeschoss hören, wie die Kinder spielen", sagt Volonghi, der Häuser des Herstellers Eksjöhus vertreibt. "In einem Schwedenhaus rückt die Familie traditionell zusammen."

Doch nicht alle deutschen Käufer können sich mit den schwedischen Grundrissen anfreunden. Da die Treppe aus dem Erdgeschoss direkt in den Galeriebereich führt, von dem aus zwei oder drei Zimmer abgehen, erscheint dieser Raum im Obergeschoss eher als großer Flur denn als Zimmer. "Viele unserer deutschen Kunden lassen deshalb den Grundriss ändern. Sie verzichten dann auf diesen Gemeinschaftsbereich und lassen dafür die Zimmer im Obergeschoss vergrößern", sagt Oliver Herrmann, Architekt bei Karlson Hus.

Grundrissveränderungen seien beim Kauf an der Tagesordnung, sagt Volonghi. Das liege zum einen daran, dass die in Schweden hergestellten Holzhäuser in der Regel großzügiger entworfen seien als in Deutschland üblich. "Hierzulande sind eben viele Grundstücke kleiner, sodass auch das Haus kleiner dimensioniert werden muss." Doch geht es bei den Änderungen nicht nur um einen anderen Zuschnitt der Zimmer, es werden auch Anbauten, zusätzliche Balkone oder Dachgauben gewünscht. "Man sollte allerdings darauf achten, dass man dabei die typische Anmutung eines Schwedenhauses nicht allzu sehr verändert", gibt Oliver Herrmann zu bedenken.

Zur typischen Anmutung eines traditionellen Schwedenhauses gehört an erster Stelle der kräftige dunkelrote Farbton - wobei es die Schwedenhäuser auch in gelben, pastellfarbenen oder hellblauen Tönen gibt. "Auf grobem, rauem Holz halten die Farben länger als auf glatt gehobeltem Untergrund", sagt Rolf Henke von Henke Haus. Dieses bietet mit dem Haus "Daverden" eine moderne, schlichte Interpretation des traditionellen Schwedenhauses an. Es verzichtet in der Farbgebung auf die klassischen Farbakzente eines typischen alten Schwedenhauses. Hier stechen Fenstereinfassungen, Dachbalken, Balkon- und Verandageländer in leuchtendem Weiß vom roten Untergrund ab. "Je nach Witterung muss das Haus alle zehn Jahre neu gestrichen werden", sagt Oliver Herrmann. Die meist symmetrisch gebauten Gebäude können, wie das Haus "Tallbacken" von Eksjöhus, mit einem klassischen Satteldach gebaut werden, oder, wie das Haus "Glasmästarevillan" (ab 239 000 Euro) mit einem Walmdach - beide Varianten sieht man auch in Schweden.

Anders als ihre Vorbilder in Schweden, die häufig nur auf einem Fundament aus aufgeschichteten Felsen stehen, werden die modernen Schwedenhäuser auf einer Bodenplatte errichtet. Das erleichtert auch die Erweiterung des ursprünglichen Grundrisses - beispielsweise durch einen Wintergarten.

Käufer, die sich keinen Keller bauen lassen, finden als Ersatz einen Hauswirtschaftsraum. Im Haus Tallbacken (ab 197 000 Euro) liegt er hinter der Küche und hat eine eigene Haustür.

Auch wenn ein modernes Schwedenhaus ein Effizienzhaus ist, das alle staatlichen Anforderungen erfüllt, verzichten nur wenige Bewohner eines solchen Hauses auf einen Kamin. Experte Volonghi rät jedoch, keinen zu starken Ofen zu kaufen. "Die Häuser sind sehr gut gedämmt. Da sollte der Ofen nicht zu viel Hitze verbreiten."

Trotz der traditionellen Bauweise muss auf eine moderne Einrichtung nicht verzichtet werden, seien es zeitloses skandinavisches Möbeldesign, moderne Leuchten oder auch Textilien. Die meisten Bewohner suchen aber eher nach traditionellen Möbeln und Tapeten, wie Adreano Volonghi weiß. Viele Kunden von Eksjöhus würden auch zu einer Werksbesichtigung nach Südschweden fahren, wo insbesondere die originalen Tapeten gezeigt werden. Allerdings würden nur wenige fragen, ob sie die Wände halbhoch mit Holzlatten verkleiden könnten, wie man es auf den Genrebildern des schwedischen Malers Carl Larsson sehen könne. "Das gab es in vielen Haushalten in den Siebzigerjahren, als die meisten unserer Kunden ihre Kindheit verbracht haben. Das scheint ihnen nicht gefallen zu haben", mutmaßt Volonghi.

Aktuell wird auch in vielen skandinavischen Wohnmagazinen das hohe Lied von eher leeren Räumen gesungen, in denen alles Überflüssige, wie Ornamente und Zierrat, verbannt wird. "Wer einmal in Schweden war, weiß, dass die Menschen dort ein Faible für klare Formen und Naturholz haben", sagt Oliver Hermann von Karlson Hus. Auch werde die Kultur des Verstauens und Verwahrens weiter gepflegt, indem bereits bei der Hausplanung an Einbauschränke und Einbauküchen gedacht werde.

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