Die Folge können gesundheitliche Belastungen sein, verursacht durch chemische Reaktionen

Es kann zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie Kopfschmerzen, Schleimhautreizungen oder Konzentrationsstörungen kommen, wenn man sich den gesamten Tag in geruchsbelasteten Räumen aufhält. "Ein unangenehmer Geruch weist oft auf gesundheitliche Belastungen hin", sagt Wolfgang Plehn, Leiter des Fachgebietes Stoffbezogene Produktfragen beim Umweltbundesamt (UBA). Betroffen seien vor allem alte Menschen und Kinder.

Quellen der Gerüche und der damit verbundenen Schadstoffausdünstungen sind oft die Materialien oder Bauprodukte, aus denen das Gebäude errichtet wurde oder mit denen es ausgestattet ist. So werden etwa Innenputz oder Bodenbeläge in der Regel großflächig in Räumen eingesetzt und können unter Umständen langfristig zur Belastung der Raumluft beitragen. Auch Dicht- und Klebstoffe gehören zu den kritischen Materialien. Kurzfristige Hilfe bietet zwar intensives Lüften. Viele der Emissionen bleiben für die Nase allerdings unbemerkt und können sich mittel- oder langfristig nachteilig auf die Gesundheit auswirken.

Zu diesem Thema hat das UBA daher in den letzten Jahren zwei ausführliche Studien durchgeführt. Das Ergebnis: Um Verbraucher zu schützen, soll zukünftig die bekannte Kennzeichnung "Blauer Engel" auch für geruchsarme Produkte in relevanten Produktgruppen eingesetzt werden. Dazu Plehn: "Die Geruchsintensität darf dann einen bestimmten Grenzwert nicht überschreiten. Der Neugeruch sollte allerdings abgeklungen sein. Deshalb erfolgt die Messung erst am 28. Tag." Die Untersuchungen zeigten deutlich, dass es in allen Bereichen stark und weniger stark riechende Produkte gebe. Bis alle Details jedoch geklärt seien, würden die Verbraucher noch ein bis zwei Jahre auf die Einführung der Kennzeichnung "Blauer Engel" warten müssen.

Neben den eingesetzten Materialien trägt häufig auch deren fehlerhafte Verarbeitung zu Geruchsbelastungen bei. Das bestätigt Frank Pielot, Obermeister der Landesinnung für Parkett und Fußbodentechnik Hamburg: "Wird beispielsweise auf Teppichboden Fertigparkett gelegt, kann die im Untergrund enthaltene Feuchtigkeit nicht mehr abziehen. Es können sich Gerüche, etwa durch absterbende Milben, entwickeln." Man solle deswegen auch verschiedene Schichten von Materialien nach Möglichkeit nicht übereinanderlegen. "Zwischen diesen kann es auch zu chemischen Reaktionen kommen", so Pielot. "Gerade wenn alter Kleber vor dem Verlegen des neuen Belags nicht entfernt wird, ist die Gefahr chemischer Reaktionen mit entsprechender Geruchsbildung sehr groß."

Ein anderes Problem tritt in Altbauten auf. "In alten Gebäuden sind Holzbalkendecken häufig mit Lehm gefüllt. Wärme und Feuchtigkeit diffundieren durch das Gebäude. Wird diese Diffusion durch Sperrschichten unterbrochen, kann Feuchtigkeit nicht abgeführt werden", erklärt Pielot. Gerade Heimwerker müssten hier aufpassen, denn ihnen werde in Baumärkten nicht selten empfohlen, eine Folie als Feuchtigkeitssperre einzusetzen. "Wird das gemacht, kann es zu gammelnden Balkenlagen kommen, und das riecht man." Auch Leckagen in Dusch- oder Badewannenabflüssen seien oft Quellen von unschönen Gerüchen.

In Neubauten spielen Geruchsprobleme ebenfalls eine immer größere Rolle, denn Gebäude werden immer luftdichter. "Der Luftwechsel in gedämmten Gebäuden liegt häufig bei weniger als dem halben Raumvolumen pro Stunde. "Zum Atmen ist das zwar ausreichend", so Wolfgang Plehn, "der geringere Luftwechsel kann aber zu einer Anreicherung unerwünschter Stoffe in der Raumluft führen."

Auch Feuchtigkeit werde nicht ausreichend abtransportiert. Das sei ebenfalls ein großes Problem, unterstreicht Experte Pielot, denn gerade Neubauten seien nicht trocken. "Es sind mehrere Tausend Liter Wasser im Gebäude, zum Beispiel im Estrich. Will man langfristig Gerüche vermeiden, muss dieses Wasser raus", so der Innungschef. Die optimale Lösung sei hier eine kontrollierte Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung. Geruchsbelastungen in Innenräumen sind vor allem in Mittel- und Nordeuropa ein Thema, denn nach Untersuchungen des Umweltbundesamtes halten sich Menschen in unseren Breiten rund 20 Stunden täglich in geschlossenen Räumen auf. Südeuropäer haben es besser. Wegen der offeneren Bauweise gibt es dort frische Luft auch in Gebäuden in ausreichender Menge.

Um schlechte Luft aufzuspüren, sollte man übrigens ruhig seiner Nase trauen, denn die Nase kann Substanzen in Konzentrationen wahrnehmen, die unterhalb der Nachweisgrenzen der Technik liegen. Trotz besserer analytischer Verfahren gelingt es bis heute nicht, die menschliche Nase bei der Bestimmung der empfundenen Luftqualität zu ersetzen.