Hamburg. Nach Angaben der Immobilienwirtschaft sind Eigentumswohnungen zunehmend gefragt. Ursache sind die günstigen Kredite, die geringen Renditen bei der Geldanlage und die angespannte Mietwohnsituation. Aber beim Kauf einer Eigentumswohnung zählen nicht nur Lage, Preis und Grundriss, sondern auch die Eigentums- und Mehrheitsverhältnisse der Wohnanlage. Besitzt ein Eigentümer einen Großteil der Wohnungen und die Stimmenmehrheit in der Eigentümerversammlung, kann er diese Machtposition nutzen, um seine wirtschaftlichen Interessen gegen die der selbst nutzenden Eigentümer und Kleinanleger durchzusetzen. Vom Kauf solcher Wohnungen rät der Verbraucherschutzverein "wohnen im eigentum" daher ab.

Der Verein verweist auf negative Erfahrungen von Eigentümergemeinschaften mit Mehrheitseigentümern - in der Regel Immobilien-Fonds, Gesellschaften, Unternehmen, Bauträger oder Zwischenerwerber. So komme es immer wieder vor, dass keine ausreichenden Instandhaltungsrücklagen gebildet werden, denn den Hauptteil des anzusparenden Geldes muss der Großeigentümer aufbringen. Beim späteren Wohnungsverkauf würden diese Rücklagen für ihn "verloren gehen", das heißt bei der Eigentümergemeinschaft verbleiben. Ohne ausreichende Rücklagen unterbleiben jedoch notwendige Instandhaltungen - ein Wertverlust der Immobilie sowie zunehmender Modernisierungsstau sind die Folgen.

Die Bestellung von Verwaltern, die nur im Interesse der Mehrheitseigentümer tätig sind, ist häufige Praxis. Gehen Mehrheitseigentümer in Insolvenz, was immer wieder vorkommt, hinterlassen sie oft Schulden und Wohnungsleerstände. Finden sich keine Käufer, wächst der Leerstand; die Wohnungen werden nicht gepflegt.

Es sind außerdem Einzelfälle bekannt, in denen sich Kapitalanleger in Eigentümergemeinschaften einkaufen und dort hohe Sonderumlagen durchsetzen, um weitere Kleineigentümer zum Wohnungsverkauf an sie zu drängen. "Grundsätzlich widerspricht das Handeln einzelner Großeigentümer dem Grundgedanken des Wohnungseigentumsgesetzes, dass alle Miteigentümer die Immobilie gemeinschaftlich verwalten", sagt Gabriele Heinrich, Geschäftsführerin des Vereins. "Dies allein sollte schon Grund genug sein, sich nicht in eine Eigentümergemeinschaft mit der Stimm-Majorität eines Eigentümers einzukaufen. Denn wer will sich weiter wie ein Mieter behandeln lassen, mit höheren Nebenkosten und größerem Risiko?"

"Oft stellen Käufer erst später fest, wie ein Mehrheitseigentümer seine Position nutzt. Aber auch wenn er sein Stimmrecht sozial verantwortlich ausübt, hängt das Damoklesschwert des Weiterverkaufs an einen Immobilienfond oder an einen Einkäufer mit kurzfristigen Gewinninteressen über der Eigentümergemeinschaft", gibt Gabriele Heinrich zu bedenken. Sie sieht den Gesetzgeber in der Pflicht: Wenn der Staat den Erwerb von Wohneigentum zur Altersvorsorge fördert, müsse er Regelungen zur Schadensabwehr zugunsten von Kleineigentümern und zur dauerhaften Daseinsvorsorge schaffen.