Durch neue Materialkombinationen wie Kollektoren im Putz oder auf Glas Energie einsparen

Hamburg. Glasscheiben, die Strom produzieren oder Fassaden, die Energie speichern: Neue Baumaterialien bringen künftig verschiedenste Funktionen zusammen. Ob davon auch die Umwelt profitiert, zeigen Bewertungsverfahren, die neben der Herstellung auch den Einsatz im Gebäude berücksichtigen.

"In der Kombination von Funktionen liegt ein großes Potenzial", sagt Bastian Wittstock, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer Institut für Bauphysik. So könnten beispielsweise in den Putz integrierte solarthermische Kollektoren die im Haus benötigte Energie einfacher bereitstellen als aufwendig zu montierende Dachmodule. Auch an halbtransparenten Solarzellen, die auf Glasscheiben aufgebracht werden, werde geforscht, so der Experte. Die Europäische Union führe zu diesen Technologien unter den Namen "Cost-Effective" und "Messib" umfangreiche Forschungsprogramme durch.

Zukunftsweisend seien auch sogenannte Phasenwechselmaterialien (PCM). Wittstock erklärt das Prinzip: "Die PCMs werden beispielsweise in Gipsbauplatten integriert. Sie sind in der Lage, Wärme aufzunehmen und sich dadurch zu verflüssigen. Sinkt die Umgebungstemperatur, werden die Substanzen fest und geben die aufgenommene Wärme wieder ab." So ließen sich große Wärmemengen bei verhältnismäßig kleinen Temperaturunterschieden speichern.

Doch ist es aus energetischer und ökologischer Sicht überhaupt sinnvoll, solche Hightech-Materialien einzusetzen, oder sollte man auf Konventionelles vertrauen? Das zu beurteilen ist derzeit Thema zahlreicher Forschungsvorhaben. "Immer mehr Hersteller setzen in Deutschland mittlerweile auf die Environmental Product Declaration, EPD", sagt Hans Peters, Geschäftsführer des Instituts für Bauen und Umwelt IBU. Dazu würden neben vielen anderen Parametern auch Ressourcenverbrauch und Emissionen über den gesamten Herstellprozess aufgenommen und im Rahmen einer Ökobilanz bewertet.

Das alleine reicht allerdings noch nicht, denn entscheidend ist letztlich, wie Baumaterialien im Gebäude eingesetzt werden. Peters nennt ein Beispiel: "Eine einfache Glasscheibe ist in der Herstellung natürlich umweltfreundlicher und weniger energieaufwendig als eine Thermopen-Scheibe. Bezieht man aber die Energieeinsparungen mit ein, die durch die Isolierglasscheibe ausgelöst werden, ändert sich die Bilanz deutlich." Sinnvolle Bewertungssysteme müssten das berücksichtigen.

Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen DGNB forscht derzeit an praxistauglichen Weiterentwicklungen. "Wir betrachten den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes vom Bau über die Nutzung bis hin zu Abriss und Entsorgung", sagt DGNB-Sprecher Martin Prösler. "Wenn man nachhaltig bauen will, dann wird es kompliziert, weil es Wechselwirkungen zwischen den Bauteilen gibt und viele Stellschrauben, an denen man drehen kann", so Prösler. So habe ein Architekt über die Materialauswahl erheblichen Einfluss auf die späteren Betriebskosten, etwa, wenn durch ungünstige Bodenbeläge großer Reinigungsaufwand entstehe.

Die Lösung lieferten umfangreiche Datenbanken und Programme, die alle Parameter berücksichtigten, erklärt Prösler. So habe die Hydro Building Systems eine Software entwickelt, die nicht nur Bestelllisten zusammenstelle und die Produktion steuere, sondern auch automatisch eine Ökobilanz erzeuge. Auf diese Weise könne man verschiedene bauliche Lösungen vergleichen. "Wenn das Handling einfach ist, wird sich dieser Ansatz durchsetzen", ist sich der Experte sicher. Bis es so weit sei, vergingen noch einige Jahre.

Die EPDs der einzelnen Baumaterialien können Bauherrn, Architekten und Planern aber schon jetzt nützen, denn das Bewertungsverfahren wirkt sich positiv auf die Qualität aus. "Die Produktbewertung liefert den Herstellern wichtige Informationen, wie sie ihre Materialien effizienter und umweltfreundlicher produzieren können", so Peters. Entscheide man sich für Baustoffe mit EPD-Kennzeichnung, sei man immer auf der sicheren Seite.