Durch die Förderprogramme könnten Tausende neue Einheiten auf unbebauten Flächen in der Stadt entstehen

Hamburg. Man hat sich an sie gewöhnt. Die vielen ebenerdigen Geschäfte und Gaststätten, die wie Zahnlücken geschlossene Häuserfronten unterbrechen, fallen kaum noch auf. Für Stadtplaner sind sie dagegen ein Ärgernis. Sie kritisieren den "unbebauten Luftraum" nicht nur aus ästhetischen Gründen, sondern auch angesichts der Wohnungsknappheit in Hamburg. Pro Jahr könnten in diesen Baulücken an die tausend Wohnungen gebaut werden, schätzt Oberbaudirektor Jörn Walter. "Und das häufig in stark nachgefragten Wohnlagen mit guter Infrastruktur." Bei diesen Baulücken handelt es sich selten um leer stehende Grundstücke. Meistens stehen dort ebenerdige Gebäude, deren Erdgeschosse die Bombardierungen im Krieg überstanden haben.

Niemand weiß genau, wie viele solcher Baulücken es in Hamburg gibt. "Sie wurden nie flächendeckend erfasst", sagt der Oberbaudirektor. Der Architekt Babis C. Tekeoglou hat allein links und rechts der Alster an die 350 solcher Grundstücke registriert. Es sei schade, dass die Eigentümer dieser Flächen nicht von sich aus initiativ werden, um hier neue Wohnungen zu bauen, bedauert Oberbaudirektor Jörn Walter. Die Gründe seien vielfältig, aber die Stadt habe ein Interesse daran, sie zum Bauen oder zum Verkauf an einen Investor zu ermutigen. "Wir versuchen, Kontakt mit den Eigentümern aufzunehmen, um zu erfahren, wo die Ursachen liegen. Viele wissen nicht, dass es Förderprogramme für den Wohnungsbau gibt. Andere haben sich nie mit dem Gedanken beschäftigt, weil es ihnen zu kompliziert erschien." Oftmals seien es auch erst die Erben, die sich ernsthaft mit dem Thema befassten. Die Stadt sei bereit, die verschiedenen Interessenten, Eigentümer und Bauträger, zusammenzubringen, betont Jörn Walter: "Wir üben da eine Art Vermittlungstätigkeit aus." Er hofft, dass der neue Wohnungsbaubeauftragte, sich auch dieses Themas annimmt.

Jede Baulücke stellt für den Architekten eine besondere Herausforderung dar. Liegt das Grundstück in einer städtebaulich exponierten Lage, kann es vorkommen, dass die Stadt ein gewichtiges Wort mitspricht. Beispiel Schanzenviertel, wo für die Baubauung des Eckgrundstücks Schanzenstraße/ Altonaer Straße ein Architektenwettbewerb ausgelobt werden musste. "Der Investor wollte hier ein Bürogebäude bauen", erinnert sich Walter. "Wir haben darauf bestanden, dass hier Büros und Wohnungen gebaut werden sollten." Für die Architekten - das Büro SEHW hatte den Wettbewerb gewonnen - keine einfache Aufgabe. "Das war schon wegen der unterschiedlichen Raumachsen ein schwer aufzulösender Widerspruch", sagt Andreas Horlitz von SEHW. Doch als der Investor wechselte, wurde die Immobilie als reines Wohngebäude mit Einzelhandelsflächen im Erdgeschoss geplant.

Die Genehmigungsbehörden verweigern sich bei Lückenbebauungen selten den Ideen der Architekten, hat Babis Tekeoglou erfahren. "Befreiungen vom bestehenden Baurecht werden in der Regel erteilt." Tekeoglou, der sich das Baulückenmanagement zur Aufgabe gemacht hat, sieht die Schwierigkeiten darin, die Interessen der Eigentümer und der unmittelbaren Nachbarn in Einklang zu bringen. "Ich nehme zu den Eigentümern Kontakt auf und zeige ihnen, welches Potenzial in ihren Grundstücken liegt. Wir schaffen mit dem Neubau einen Mehrwert - für die Nachbarschaft und das Viertel." Das sehen nicht alle Nachbarn so. Auch hier muss Tekeoglou Überzeugungsarbeit leisten und Lösungen für konkrete Probleme finden. So mussten bei einer Baulückenbebauung an der Alardusstraße in Eimsbüttel die Giebelfenster eines Nachbargebäudes zugemauert werden. Diese Wohnungen erhalten jetzt ihr Licht durch Fenster im Neubau. Natürlich würden durch die Neubauten alte Blickbeziehungen unterbrochen, räumt auch Oberbaudirektor Jörn Walter ein. "Aber letztlich kann man einem Eigentümer nicht verwehren, so zu bauen, wie es auch seine Nachbarn schon vor Jahren getan haben."

Mitunter sind die Grundstücke kompliziert geschnitten. So hat Babis Takeoglou für ein spitzwinkliges Eckgrundstück in Eimsbüttel ein Gebäude mit fünf Vollgeschossen und einem Staffelgeschoss entworfen. Anstelle eines Treppenhauses hat er ein verglastes Atrium entworfen, das auch für Freizeitaktivitäten der Bewohner genutzt werden kann. "Bei gutem Wetter kann man die Glasfläche zum Hinterhof öffnen." Zum Haus gehört auch eine Tiefgarage, die die Autos über einen Fahrstuhl erreichen. "Die Größe des Grundstücks ist nicht entscheidend", sagt der Architekt. "Man kann auch für ein kleines Grundstück eine gute Lösung finden."

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