Viele schöne Dinge lassen sich mit recyceltem Glas, Gummi oder Holz machen. In manchen Fällen sichern sie Menschen in Not sogar ein Auskommen.

Ernst Kallenberger muss sich an seinem Arbeitsplatz gut organisieren. Nur etwas mehr als einen Quadratmeter ist seine Werkfläche groß, die er geschickt in seiner kleinen Küche im Hamburger Stadtteil Winterhude vor dem Fenster installiert hat. Hier entstehen Kleinmöbel und Schachteln, die er aus gebrauchten Obstkisten des nahen Goldbekmarktes zusammenbaut.

Für Ernst Kallenberger ist das Arbeiten mit Holz nichts Neues. "Meine Eltern hatten in Süddeutschland ein Sägewerk und schon als Kind habe ich in den Ferien mitgeholfen und Stabparkett auf Trägermaterial geleimt", erzählt der rüstige Rentner.

Das einfache Design und die bunten Druckfarben haben ihn angesprochen, als er vor etwa einem Jahr mit dem Bau der kleinen Kisten begonnen hat. "Natürlich freue ich mich auch über Käufer, wenn ich meine Produkte auf Messen wie der Lebensart im Hotel Gastwerk oder dem Weihnachtsmarkt im Goldbekhaus verkaufen kann", sagt Kallenberger.

Ob er eine größere Kiste mit Schüben und ein kleines Kästchen baut, entscheidet sich erst an der Werkbank. Bei großen Schriften oder Aufdrucken liege es natürlich nahe, dass man im DIN-A4-Format etwas entwickle, manchmal könne man aber auch den farbigen Aufdruck geschickt trennen und das Dekor dann gut für kleine Kisten nutzen.

Da die verarbeiteten Holzkisten meistens nur aus drei bis vier Millimeter dickem Holz sind, wird zunächst eine normale Grundschachtel aus Pappelholz hergestellt. "Die dafür notwendigen Teile lasse ich mir immer schon passgenau im Baumarkt zuschneiden", sagt Kallenberger, der die Einzelteile dann mit Leim und kleinen Nägeln montiert. Anschließend wird das farbig bedruckte Außenholz vorsichtig mit einer Laubsäge ausgesägt und aufgeleimt. Während außen alle Holzkisten dreimal mit einem matten Klarlack gestrichen werden, hat Kallenberger für die Innenflächen der Kisten ein Ölwachsgemisch entwickelt - eine eigene Zusammensetzung, wie er sagt.

Ernst Kallenberger ist jedoch nicht der Einzige, der gebrauchte Materialien für neue Möbel und Produkte einsetzt. "Wir stehen sicherlich erst am Anfang dieses Trends", sagt Ursula Geismann, Sprecherin des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie. Den eigentlichen Impuls haben nach ihrer Einschätzung die beiden brasilianischen Brüder Humberto und Fernando Campana gegeben. Sie entwickelten 2003 den Stuhl "Favela" für den italienischen Möbelhersteller Edra. Als Material verwendeten die Brüder in den Armenvierteln brasilianischer Großstädte, den Favelas, gesammelte Holzreste, welche sie von Hand zusammennagelten.

Nicht alles ist aber so alt, wie es scheint, warnt die Möbelexpertin Ursula Geismann. Vieles werde auch nur auf alt getrimmt, ähnlich den Jeans oder anderen Modeartikeln, die einen "used look" vorgaukeln.

Dass die Produktion von recycelten Waren meist verbunden ist mit sozialen Projekten, ist für Richard Lotzmann, Inhaber des kleinen Einrichtungsgeschäftes Richard, ein wichtiger Aspekt. So verkauft er zum Beispiel in seinem Geschäft kleine Übertöpfe, die aus einem Papier-Sand-Gemisch mit Leim von Frauen auf Sri Lanka hergestellt werden. "Das garantiert den Frauen ein kleines Einkommen", sagt Lotzmann, in dessen Geschäft auch dunkle Vasen, geklebt aus alten Gummireifen, erhältlich sind.

Farbenfroh und bunt sind die Schalen, die aus bunten Zeitungsabschnitten und Magazinen in Vietnam für die internationalen Märkte gefertigt werden. "Die einzelnen Papierstücke werden gerollt und zu Streifen gefaltet und anschließend verklebt", erklärt Sandra Schröder von Albert L. die Arbeit. Diese Produkte, angeboten bei Nobile Wohnen, könne man als reine Recyclingware beschreiben, sagt Schröder. Ganz im Gegensatz zu den vom gleichen Hersteller produzierten Tabletts, Spiegeln und Boxen, die aus Holzfaserstücken (MDF) gefertigt und nur mit Altpapier beklebt sind. Mit alten Ledergürteln arbeitet dagegen die Londoner Designerin Inghua Ting. Aus den abgetragenen Hosengurten, die sie nach Farbe und Prägung sortiert, entwickelt sie Fußböden und Wandbeläge. In Deutschland sind die Stücke über InteriorPark.com zu beziehen.

Durch einen Zufall kam die Hamburger Glasdesignerin Sybille Homann auf die Idee, aus alten Weinflaschen Neues zu kreieren. "Ich brauchte dringend einen Messbecher für meine Glasproduktionen und hatte zu diesem Zweck eine alte Weinflasche einfach gekürzt", erinnert sich Homann, die heute ihre Entwürfe im Hamburger Geschäft Kunst und Gemüse anbietet. "Ich sammle Flaschen aller Art, weißes Glas und solches mit kräftigen Farben, aber auch schöne Formen wie einen Bocksbeutel", sagt Homann. In ihrer kleinen Werkstatt macht sie daraus dann Wandhaken, Vasen aller Art und Leuchten. Besonders für ihre sogenannte Bambusleuchte an der Decke eignen sich die zusammengesetzten Glasringe aus verschiedenen Grüntönen, ähneln diese verklebten Elemente doch dem Wuchs einer Bambuspflanze.

Aber selbst die Flaschenhälse verarbeitet die Designerin noch. Die unterschiedlich schräg angeschliffenen Stücke klebt Homann je nach Idee und Konzept auf eine Glasplatte oder Fliese und bietet sie als Kleiderhaken an. Wer mag, kann die kleinen Flaschenmündungen auch als Wand-Vase nutzen - der Kunde hat hier freie Wahl.