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Hamburg. Unsere Eigentümergemeinschaft besteht aus 179 Teilnehmern. Wie in den 70er-Jahren üblich, wurde eine Vorhangfassade mit lasierten asbesthaltigen Platten verwendet. Nun drängen einige Eigentümer auf eine Totalsanierung der Fassade. Die Kosten dafür können bis zu fünf Millionen Euro betragen. Ihr Argument ist, dass diese Platten ohnehin vom Gesetzgeber verboten werden. Es soll jetzt eine Vorplanung in Auftrag gegeben werden, wofür 50 000 Euro veranschlagt werden. Außerdem wird die Reparaturrücklage drastisch erhöht. Alles Maßnahmen, obwohl die Gemeinschaft darüber noch gar nicht entschieden hat und trotz des guten Energiekennwertes. Welche Mehrheiten braucht man, um die aufgeführten Maßnahmen durchsetzen bzw. ablehnen zu können?

Eine Sanierung asbesthaltiger Fassadenplatten wird nicht grundsätzlich vom Gesetzgeber gefordert, sondern nur dann, wenn Arbeiten an der Fassade vorgenommen werden. Sinn und Zweck ist, die Umwelt nicht mit Asbestfasern zu belasten, andererseits aber auch, intakte Fassaden nicht einer Sanierung zu unterwerfen. Nur soweit Maßnahmen getroffen werden, die ordnungsmäßiger Verwaltung unterliegen, kann die WEG Beschlüsse mit einfacher Mehrheit herbeiführen. Da zurzeit aber kein Reparaturbedarf besteht, kommt eine Totalsanierung nur als Modernisierungsmaßnahme in Betracht. Dafür benötigt die Eigentümergemeinschaft jedoch eine Dreiviertelmehrheit aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer nach Köpfen. Durch diese Stimmenmehrheit müssen zusätzlich mehr als die Hälfte der Miteigentümer repräsentiert sein. Dieses doppelte Quorum ist sowohl für die Totalsanierung als auch für die Vorplanungskosten erforderlich. Die Rücklagenerhöhung entspricht dagegen keiner ordnungsmäßigen Verwaltung, da zum aktuellen Zeitpunkt eine derart hohe Rücklage nicht erforderlich ist.

Experte: Heinrich Stüven www.grundeigentuemerverband.de

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